Entwicklung Studententeams stellen die Zukunft des Bauens vor

Mirke · Internationaler Wettbewerb „Solar Decathlon“ gastiert im September 2021 in Wuppertal. Bis Ende Oktober dieses Jahres läuft die Bewerbungsphase.

Im September 2021 gastiert der „Solar Decathlon“ in Wuppertal.

Foto: Önder Bölükbasi

Noch sind es mehr als zwei Jahre, bis die ersten solar versorgten und energieeffizienten Prototypen von möglichen Wohnhäusern auf dem Utopiastadt-Campus entstehen, doch schon jetzt laufen die Planungen für den ersten „Solar Decathlon Europe“ in Deutschland. Bei Projektleiter Dr. Daniel Lorberg von der Fakultät Architektur- und Bauingenieurwesen der Bergischen Uni und seinem Team sind die ersten Bewerbungen für den Studentenwettbewerb bereits eingegangen. Noch bis zum 25. Oktober dauert die Bewerbungsphase für den „Solar Decathlon Europe“, auf bis zu etwa 40 Bewerbungen hofft Lorberg. „Manche reichen ihre Bewerbungen erst recht spät ein, weil die Abstimmungen und Planungen eben doch sehr umfangreich sind und dauern“, erzählt er.

Aus den Bewerbungen wird eine Jury dann im nächsten Schritt jene 18 studentischen Teams auswählen, die Anfang September 2021 für zwei Wochen auf dem Utopiastadt-Campus ihre Objekte – sogenannte Demonstratoren - für ein modernes, nachhaltiges und sozial engagiertes Bauen präsentieren. In zehn Kategorien werden die Prototypen dann bemessen und bewertet: Deshalb heißt der Wettstreit auch „Decathlon“ – also Zehnkampf. Für Lorberg und sein Team ist das Ganze ein bisschen wie Olympia oder auch eine kleine Expo. Schließlich können sich Teams aus aller Welt beteiligen. Zudem richtet sich auch der Blick der Fachwelt und interessierter Laien nach Wuppertal, werden zu dem Wettbewerb doch innerhalb von zwei Wochen bis zu 200 000 Besucher erwartet.

Für die Bergische Uni sei das Vorhaben eines der „bislang größten Projekte überhaupt“, betont Lorberg. Entsprechend stolz ist der Projektleiter, dass die Hochschule, die Stadt, das Wuppertal Institut, Utopiastadt und die Neue Effizienz GmbH den Wettbewerb ins Mirker Quartier holen konnten. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erteilte dem Projekt im Rahmen eines bundesweiten Wettbewerbs im vergangenen Jahr seine Zustimmung. Beim anschließenden europäischen „Call for Cities“ konnte das Konzept ebenfalls überzeugen und erhielt den Zuschlag. „Die Ausrichtung des ‚Solar Decathlon‘ ist ein weiterer schöner Meilenstein in der Entwicklung Wuppertals zu einem der führenden urbanen Erprobungsräume für nachhaltige Zukunftsentwürfe“, erklärte der Präsident des Wuppertal Instituts, Prof. Dr. Uwe Schneidewind, nach der damaligen Entscheidung.

Daniel Lorberg ist der Projektleiter.

Foto: Önder Bölükbasi

Es geht auch um
soziale Vernetzung

Mit der Wahl des Mirker Quartiers erfährt der Wettbewerb zudem eine sozialwissenschaftliche Erweiterung, geht es doch nun nicht mehr nur um Fragen der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit der Gebäude, sondern auch um Aspekte der Urbanisierung und sozialen Vernetzung. Die Frage ist, wie kann urbanes Leben im Zeichen der weltweit zunehmenden Verstädterung und des fortschreitenden Klimawandels aussehen? „Das Thema ‚Urbanisierung‘ ist zentral. Im Jahr 2050 wird sich die weltweit bebaute städtische Fläche verdoppelt haben“, sagt Lorberg. Zudem gehe es bei dem Wettbewerb auch um Aspekte der CO2-Neutralität beim Bauen, stamme doch immerhin 50 Prozent des deutschlandweit anfallenden Abfalls aus Baumaßnahmen.

Die Kosten belaufen sich
auf bis zu 1,5 Millionen Euro

Die Demonstratoren, die am Mirker Bahnhof entstehen, sollen deshalb Aspekte der Ressourceneffizienz, des Klimaschutzes und des recyclinggerechten Bauens berücksichtigen und Beispiele für nachhaltige Quartierentwicklung bieten. Die beteiligten Teams werden nicht nur aus Architekten oder Bauingenieuren bestehen, sondern auch Wissenschaftler aus Fachgebieten wie Sozialwissenschaften, Psychologie oder Stadtentwicklung in ihren Reihen haben. Die Teams sind recht umfangreich und können 20 bis 80 Personen umfassen, erklärt Lorberg. Die Kosten für die Teilnahme an dem studentischen Wettbewerb liegen bei etwa 1 bis 1,5 Millionen Euro, Sponsoren sind involviert, schließlich sollen die Objekte – wenn möglich – auch einfach wirtschaftlich verwertet werden.

Zwei Jahre haben die studentischen Teams Zeit, um ihre Prototypen zu planen und zu bauen, ab Anfang oder Mitte August 2021 sollen die Demonstratoren dann an der Nordbahntrasse auf einem 22 000 Quadratmeter großen Areal aufgebaut werden. Zudem sollen die Teams anhand von realen Sanierungsbeispielen im Quartier unterschiedliche Bauaufgaben im Bestand planen, umsetzen und wissenschaftlich begleiten. Statt der Bebauung von Freiflächen sollen so Antworten auf „urbane Herausforderungen“ wie Baulücken, Aufstockungen und Sanierungen gefunden werden.

Dem Organisationsteam ist dabei die lokale Vernetzung mit Ansprechpartnern aus dem Quartier wichtig. Hier sollen im kommenden Frühjahr die ersten Kontakte geknüpft werden, wenn die ausgewählten Teams zu einem ersten Workshop nach Wuppertal kommen. Überdies soll nach dem Ende des Wettbewerbs etwa die Hälfte der Demonstratoren auf dem Utopiastadt-Campus stehen bleiben. Der Bergischen Universität Wuppertal sollen die Gebäude dann als „Living-Lab“ für Forschungszwecke dienen. „Außerdem könnten die Gebäude als Hostel genutzt werden“, sagt Daniel Lorberg. So kann auch der Fremdenverkehr von dem Projekt profitieren – und Wuppertal ist um eine Attraktion reicher.