Fußball und Stadtentwicklung WSV gewinnt Zeit für den Neuaufbau
Wuppertal · Oberbürgermeister Andreas Mucke und Bürgermeister Marc Schulz im WZ-Gespräch zur Situation von Wuppertals höchstem Fußballklub, zur Unterstützung durch die Stadt und zu den Voraussetzungen, unter denen der aktuell in der Insolvenz befindliche Regionalligist auch eine Zukunft hat.
Oberbürgermeister Andreas Mucke und Bürgermeister Marc Schulz (Grüne) sind seit Jahren bei Spielen des Wuppertaler SV Stammgäste auf der Tribüne im Stadion am Zoo. Mucke jubelte schon als Kind auf den Schultern seines Onkels den damaligen WSV-Assen um Günter Pröpper zu, Schulz hat in der Aufstiegsrunde zur 2. Liga 1992 seine Leidenschaft für den Verein entdeckt. Heute beschäftigt sie dieser nicht nur als Anhänger, sondern auch als Politiker und Amtsträger. Können Politik und Stadt dem WSV, der sich in einer Insolvenzsituation befindet, wieder mit auf die Beine helfen? Welche Voraussetzungen muss der Verein selbst beim Neuaufbau schaffen? Folgende Kernaussagen trafen sie im Gespräch mit der WZ.
Zur Lage
Marc Schulz findet es schwierig, zu beurteilen, in welcher Lage sich der WSV derzeit befindet. Einerseits gebe es auch mit der Politik immer wieder Gespräche, in denen der Verein um Hilfe bittet, andererseits verpflichte er immer neue Spieler. Für ihn ist es ein Zeitgewinn, den der WSV durch die begrüßenswerte Unterstützung von Friedhelm Runge als Ankersponsor derzeit erfahre. „Ohne Herrn Runge gebe es gar nicht die Möglichkeit für einen Neustart“, streicht Andreas Mucke heraus. Der Verein müsse aber jetzt sehen, wie er sich in Zukunft unabhängig aufstellen könne, denn mit den Rezepten der Vergangenheit, mit nur einem Groß-Sponsor werde man auf Dauer nicht bestehen können, selbst wenn die aktuelle Insolvenz überstanden werden sollte, ergänzt Schulz. Eine dritte Insolvenz nach 2013 und 2020, da sind sich beide einig, würde der WSV nicht überleben. Dabei, und auch da sind sich beide einig, könne ein erfolgreicher Fußballverein - und der WSV sei nun einmal seit Jahrzehnten der klassenhöchste in Wuppertal - auch große Strahlkraft für die Stadt haben. Siehe die Beispiele auch kleinerer Städte wie Kaiserslautern, Hoffenheim und Mönchengladbach.
Verankerung in der Stadt
Mucke hebt hervor, dass sich der WSV wieder in der Stadt verankern müsse, wie das Klubs in anderen Städten, aber auch der Bergische HC vorgemacht hätten. „Das ist unser Thema, es muss dabei nicht unbedingt um finanzielle Unterstützung gehen.“ Schulz vermisst beim WSV schon seit Jahrzehnten eine Kontinuität, von der Mannschaft auf dem Platz bis zu der daneben, wie sie den BHC auszeichne. Das seien Werte, mit denen sich auch Unternehmen identifizieren könnten. So habe der BHC seinen Sponsorenkreis aufgebaut.
Stadion
Die Stadt und auch einzelne Politiker haben zuletzt Überlegungen begrüßt, eine BHC-Arena im Wicküler-Park zu errichten. Kann der WSV auf ähnliche Hilfen für das Stadion hoffen? Mucke betont, dass es sich beim Thema BHC-Arena zunächst um keine direkte finanzielle Unterstützung handele, sondern um Hilfen bei Planungsfragen und Gesprächen mit dem Grundstückseigentümer, bevor es dann auch um ein mögliches Betriebskonzept für eine multifunktionale Arena gehe. Mit dem Stadion am Zoo, das ja der Stadt gehöre, habe man eines der schönsten Stadien in Deutschland und natürlich auch Interesse daran, dass der WSV, der es in der Hauptsache nutze, wieder auf die Beine komme. Weiter gebe es Überlegungen zum Ausbau der Gegengeraden. Zunächst einmal werde derzeit ein Verkehrskonzept für das Zooviertel erstellt, das ja dann auch dem Zoo nutze. Für das Stadion und auch den neu hergerichteten Stadionnebenplatz gebe es einen Vertrag mit dem WSV und man werde darauf drängen, dass die extra für den WSV hergerichtete Stadionturnhalle von diesem endlich auch genutzt werde. Mucke: „Sonst würde ich sie auch anderen Vereinen anbieten.“
Verlust der Gemeinnützigkeit
Dieser Verlust stellt für den Verein ein großes Problem dar, nicht nur weil er keine Spendenquittungen mehr ausstellen kann und keine Zuschüsse erhält, sondern, weil die Stadt Plätze und Hallen nur gemeinnützigen Vereinen auch kostenlos zur Verfügung stellt. „Wenn der WSV seine Gemeinnützigkeit nicht bald wiedererlangt, muss er halt zahlen. Dafür gibt es eine Gebührenordnung“, so Mucke. Das gebiete schon der Gleichbehandlungsgrundsatz mit anderen gemeinnützigen Vereinen. „Darauf werden wir achten“, verspricht Schulz.
Sponsoring durch die Stadttöchter
Von Sparkasse, AWG und Stadtwerken hat der WSV in den vergangenen Jahren finanzielle Unterstützung erfahren. Wird diese aufrechterhalten? Mucke: „Ich habe von unseren Stadttöchtern verstanden - das müssen sie ja selbst entscheiden - dass sie auch weiter diesen Verein mit seiner großen Vergangenheit und einer hoffentlich guten Zukunft unterstützen, aber nur, wenn es ein gutes Konzept gibt, ein breit aufgestelltes. So wie die Diskussionen jetzt laufen, glaube ich auch daran, es gibt gute Anzeichen.“
Führungspersonal
Mucke wie Schulz vermissen beim WSV seit Jahrzehnten personelle Kontinuität auf und neben dem Platz. Dabei gebe es durchaus auch derzeit Personen beim WSV, die es verdienten, wertgeschätzt zu werden und auf die man Kontinuität aufbauen könne, so Schulz. Für ihn sind das beispielsweise Thomas Richter im Vorstand und der Verwaltungsratsvorsitzende Christian Vorbau, der in der Frage einer künftigen Neuaufstellung des Vereins sehr engagiert sei, aber auch Daniel Grebe in der Geschäftsstelle. Ob Schulz auch selbst für einen Posten bereit stehen würde? Schulz: „Erst einmal braucht es ein Konzept, mit dem man sich anfreunden kann. Dazu gehören Seriosität, eine Möglichkeit der Identifizierung, kein großspuriges Auftreten nach dem Motto, wir wollen in fünf Jahren in die erste Liga. Wenn dann am Ende des Tages Leute da sein müssen, die das auch tragen, würde ich, wenn man mich fragt, sicher nicht schreiend weglaufen.“