Wuppertals Griechen zwischen Euro-Angst und EM-Fieber
In Oberbarmen fiebern alle dem Spiel gegen Deutschland entgegen. Den Politikern traut man weniger als den Fußballern zu.
Wuppertal. Es ist eine schicksalhafte Woche für Griechenland. Und der Zufall hat es so gewollt, dass der Kampf des Landes um das wirtschaftliche Überleben in der Euro-Zone am Freitag symbolisch auf dem Fußballfeld stattfinden könnte. Bei der Fußball-Europameisterschaft steht in Danzig das Viertelfinalspiel Griechenland gegen Deutschland auf dem Plan.
„Ich hoffe nicht, dass dieses Fußballspiel jetzt stellvertretend für die Krise herhalten muss“, sagt der SPD-Stadtverordnete Ioannis Stergiopoulos, Wuppertaler mit griechischen Wurzeln. Im Augenblick sei die griechisches Presse noch voll mit den Neuwahlen vom Sonntag beschäftigt. . „Ich hoffe, dass alle vernünftig bleiben“, sagt er und lässt dabei offen, ob er die Politiker oder Fans meint. Von der Seite der griechischen Fußballer seien aber keinerlei Aggressionen zu erwarten. „Die freuen sich auf ein tolles Fußballspiel“, sagt der langjährige Schiedsrichter.
Auf der Berliner Straße in Oberbarmen, der größten griechischen Fanmeile in Wuppertal mit geschätzt 100 Flachbildfernsehern in zwei Dutzend Cafés und Wettbüros, sieht man das entspannter.
„Politik, das ist zu Ende, Fußball geht weiter“, sagt Spiridon Tsoutsas, der in der Taverne Arxantivo mit Freund Konstantin Psirras seinen Mittagscafé schlürft. Dass zwar das Wahlergebnis aus Griechenland feststeht, aber noch nicht, wie die neue Regierung aussieht, regt ihn nicht auf. Großes Zutrauen in die griechische Politik habe hier ohnehin niemand mehr, egal wer regiere. Und auch Angela Merkel — von allen nur „die Merkel“ genannt, wird ob der Sparpolitik, die sie den Griechen verordnen will, als Reizfigur gesehen. „Sie hat aber recht“, sagt „Leo Koukis“. „Sie sollte nicht ins Stadion nach Danzig kommen, sonst wird sie von unseren Fans ausgebuht“, warnt Psirras augenzwinkernd. Einen Schatten auf den griechisch-deutschen Beziehungen sieht er trotzdem nicht. „Kommt am Freitag, wir feiern, egal wie es ausgeht“, sagt er und verspricht, jeden Fan zu bemalen, ob mit griechischen oder deutschen Farben.
Dass in Oberbarmen verkehrstechnisch nichts mehr gehen wird — wie am vergangenen Samstag nach dem 1:0-Erfolg über die Russen — gilt als ausgemacht. Ein 1:0 traut Psirras den Griechen auch gegen Deutschland zu. „Mehr als ein Tor schaffen wir aber nicht. Sag dem Gomez bitte, er soll sich krank melden“, meint er schmunzelnd. „Das Rehagel-System spielen wir immer noch. Hinten dicht machen und vorne hilft der liebe Gott“, sagt Minas Hantzidis ehemaliger griechischer Nationalspieler aus Wuppertal, der auf der griechischen Meile in Oberbarmen wohnt. Jeder kennt ihn hier.
Dimitrios Triantafillidis, CDU-Mitglied in der Bezirksvertretung Oberbarmen hängt derweil vor seinem Café wieder das deutsch-griechische Banner auf, das ein wütender Fan einer ausgeschiedenen Nation heruntergerissen hatte. „So etwas machen wir nicht“, verspricht er. Und Anne Sommers vom Wettbüro gleich nebenan stimmt zu. „Die Griechen hier sind zwar außer Rand und Band, aber nett.“