Wuppertal Zu wenig Personal im Ausländeramt: Stadt muss Prozesskosten bezahlen

Wuppertal · Der Fall eines Asylbewerbers wurde aus Personalnot ein Jahr lang nicht beschieden.

Das Verwaltungsgericht wirft der Stadt Wuppertal vor, sie habe nicht genug gegen die Personalprobleme im Ausländeramt getan.

Foto: Julian Stratenschulte

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat der Stadt Wuppertal die Kosten für einen Prozess auferlegt, weil das Klageverfahren ohne ihr Verschulden nicht nötig gewesen wäre. Trotz seit Jahren bestehender Personalnot und Überlastung des Ausländeramts hätten die Zuständigen nicht adäquat reagiert. Das Gericht wirft der Stadt „Organisationsverschulden“ vor.

Ein 42-jähriger Armenier wollte nach Ablehnung seines Asylantrags Bleiberecht aus humanitären Gründen. Doch über seinen Mitte 2017 gestellten Antrag wurde länger nicht entschieden. Nach einem Jahr reichte er eine „Untätigkeitsklage“ beim Verwaltungsgericht ein. Das hat sich jetzt mit seinem Fall beschäftigt. Und seinen Antrag schließlich zurückgewiesen: Er habe keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltserlaubnis.

Gericht hat schon vor zwei Jahren an den OB geschrieben

Normalerweise muss die unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens übernehmen, das wäre der erfolglose Kläger. Doch in diesem Fall hat das Gericht entschieden, dass die Stadt die rund 1300 Euro zahlen muss. Und es hat in seiner Entscheidung massive Kritik an der Stadt geübt.

Die habe nicht genug gegen die Personalprobleme beim Ausländeramt getan. Wegen der Überlastung seien Mitarbeiter in andere Städte abgewandert, die verbliebenen Mitarbeiter müssten diese Ausfälle schultern und neue Kräfte einarbeiten. In der Folge könne die Ausländerbehörde ihre gesetzlichen Aufgaben – wie der aktuelle Fall zeige – nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen.

Nicola Haderlein, Vizepräsidentin und Sprecherin des Verwaltungsgericht, berichtet, dass nach Erfahrung der zuständigen Kammer des Gerichts die Akten oft unzureichend geführt seien, Unterlagen fehlten, obwohl Betroffene die Zusendung an die Stadt nachweisen könnten.

„Der Kammervorsitzende hat schon vor zwei Jahren an den Oberbürgermeister geschrieben“, ergänzt sie. Darin habe er unter anderem einen auskömmliche Personalausstattung für die Ausländerbehörde angemahnt. Es sei klar, dass dafür eine erheblich größere Zahl von Mitarbeitern nötig sei.

Personaldezernent Johannes Slawig (CDU) hält die Vorwürfe für zu schwer: „Ich würde nicht von Organisationsverschulden sprechen.“ Das sei unberechtigt. Die Stadt bemühe sich darum, das Personalproblem zu lösen.

Sozialdezernent Stefan Kühn (SPD) erläutert, dass in der Ausländerbehörde aktuell acht von 68 Stellen nicht besetzt sind – mehr als zehn Prozent. Gleichzeitig hätten sich die Fallzahlen in den letzten Jahren enorm gesteigert: „Einst hatten wir rund 50 000 Pass-Ausländer in der Stadt, heute sind es 74 000.“ Die Steigerung sei zum Teil auf die Flüchtlinge zurückzuführen, der größere Teil sei europäische Binnenwanderung.

Nach der ersten Ermahnung durch das Gericht hätten sie durch organisatorische Veränderungen Verbesserungen erreicht, das habe das Gericht auch anerkannt. Dann aber hätten sich Beschäftigte wieder wegbeworben. „Man muss einräumen, dass es gravierende Probleme gibt.“ Sie hätten bereits einen Mehrbedarf von 18 zusätzlichen Stellen angemeldet, diese müssten aber noch genehmigt werden.

Johannes Slawig spricht von einer vergleichsweise hohen Fluktuation in der Behörde. Neubesetzung bräuchten Zeit. Er verweist zudem darauf, dass das Land die Kosten für Asylbewerber nur unzureichend ausgleiche. Schon 2018 habe ein Gutachten des Landes ergeben, dass die Pauschale pro Person und Jahr von rund 10 000 Euro auf rund 12 000 bis 15 000 Euro erhöht werden müsste, um die Kosten zu decken. „Geschehen ist seither nichts.“

Die Mahnung des Verwaltungsgerichts will die Stadt ernstnehmen. Am Dienstag wollen sich Slawig und Kühn zusammensetzen und beraten, was sie tun können.

Der klagende Armenier kann jetzt noch versuchen, die Sachentscheidung anzufechten, dafür müsste er einen Antrag auf Berufung beim Oberlandesgericht stellen. Sollte er dort auch verlieren, wäre er verpflichtet auszureisen.