Offen gesagt Wuppertal muss der Sieger sein
Wuppertal · Über die Suche der CDU nach einem Kandidaten für das Oberbürgermeister-Amt.
Letztlich kam es auf die Kreuzchen auf den Wahlkarten an. Aber schon Lautstärke und Dauer von Applaus sind an jenem Montag in der Stadthalle ein Anzeichen für Zustimmung gewesen, als Uwe Schneidewind sich der Basis der Wuppertaler CDU vorstellte. In dieser Woche hat auch der Kreisvorstand der Christdemokraten dem Präsidenten des Wuppertal Instituts seinen Segen gegeben. Die Geburt war nicht leicht, aber sie ist gelungen. Dass Schneidewind die Herzen der Grünen zufliegen würden, war vorauszusetzen.
Auch wenn letztlich eine Parteiversammlung über den Kandidaten der CDU entscheidet, spricht nun also sehr viel dafür, dass der erklärte Grüne Schneidewind am 13. September nächsten Jahres für Christdemokraten und Grüne zur Oberbürgermeister-Wahl antritt und sich im gestern gerichtlich beschlossen 2. Wahlgang mit Amtsinhaber Andreas Mucke (SPD) misst. Diese Klarheit so lange vor dem Urnengang kann für alle Beteiligten sehr hilfreich sein. Uwe Schneidewind hilft sie, sich auf eine harte, anstrengende und nervenaufreibende Zeit vorzubereiten. Den Grünen hilft sie, sich auf das Zusammenspiel mit den Konservativen einzustellen.
Größter Nutznießer könnte die seit Monaten schwer kriselnde CDU sein. Für sie geht es schlicht um alles. Ihr Auftreten war in den vergangenen Jahren geprägt von einem Zusammenspiel zahlenmäßig gleichstarker Fraktionen im Stadtrat, in dem sich die Christdemokraten allerdings freiwillig und ohne Not als Anhängsel der SPD präsentierten. Daran hat sich nach dem Ende der sogenannten Groko nur die Farbe geändert. Im neuen „Kernbündnis“ geben eindeutig die Grünen den Ton an. Christdemokratisches Profil ist kaum zu erkennen.
Das ist für die Partei umso gefährlicher, als sie nun in Uwe Schneidewind aller Voraussicht nach einen bekennenden Grünen auf den eigenen Schild heben wird. Angesichts eines eklatanten Mangels an eigenen, in der zerstrittenen Partei durchsetzbaren Kandidaten gibt es für die CDU aber keine Alternative mehr. Umso mehr ist sie nun gezwungen, aus der Not eine Tugend zu machen. Sie braucht schnell Einigkeit im Innern und Klarheit nach außen, damit sie nicht weiter den Eindruck erweckt, nur noch selbstvergessener Mehrheitsbeschaffer eines Partners im Stadtrat sein zu können, egal welche Farbe der Partner hat, egal ob er größer oder kleiner ist.
Neue Stärke, mehr Professionalität und weniger Provinzialität nutzten dabei nicht nur den Christdemokraten selbst. Die CDU ist als potenziell immer noch bedeutende politische Kraft wie die SPD ein wichtiger Faktor für die Gestaltung der Zukunft dieser Stadt. Und um nichts anderes geht es, wenn die Wuppertaler im nächsten September in die Wahllokale gerufen werden.
Im neuen Städtevergleich der Wirtschaftswoche nimmt Wuppertal in fast allen wichtigen Tabellen enttäuschende Plätze ein. 51 von 71, wenn es um die Situation von Arbeit, Wohnen und Wirtschaft geht, wobei die Stadt für ihre Baupolitik mit Platz 71 bestraft wird; 48 von 71 im Vergleich der Zukunftsfähigkeit und Position 30 für Dynamik sind keine gute Visitenkarte für eine Stadt, die zu den 20 größten in Deutschland zählt. Da muss mehr möglich sein. Da ist mehr möglich.
Damit da mehr möglich ist, muss eine bestenfalls rasch genesende CDU mit den Grünen über ein Programm für Schneidewind verhandeln können, das im Falle des Wahlsieges nicht nur den berechtigten Interessen des Umweltschutzes genügt. Ebenso wichtig sind Konzepte für Wirtschaftspolitik und Stadtentwicklung.
Denn am Ende geht es in erster Linie gar nicht um Schneidewind gegen Mucke, es geht auch nicht um Schwarz-Grün gegen Rot. Es geht um einen grundlegenden Kurswechsel dieser Stadt, es geht um Umwelt, Infrastruktur, Lebensqualität, es geht darum, für die Entwicklung dieser Stadt ein Tempo zu finden, das nicht von den Langsamsten bestimmt wird, aber dessen Ergebnisse auch den Langsamen nutzen. Es geht um eine Stadt, in der zu leben sich lohnt, in der sich aufzuhalten Freude macht, in die umzuziehen eine Lust ist, keine Last.
Es ist selbstverständlich wichtig, wer Oberbürgermeister von Wuppertal wird. Aber wer auch immer die Wahl im September nächsten Jahres gewinnt, das Wichtigste ist, dass der Sieger Wuppertal heißt.