Zwei Grad, Nieselregen und Nebel: Härtetest im Freibad

Es klingt wie ein tollkühnes Wagnis. Winterschwimmen am Neuenhof hoch oben in Cronenberg — ein Selbstversuch.

Wuppertal. Morgens im Freibad Neuenhof in Cronenberg: Vereister Schnee bedeckt die Hänge und liegt hier und da um das Becken und zwischen kahlen Bäumen, es ist kalt. So kalt, dass das Wasser dampft und man das schon von draußen sieht. Ein schöner Tag für mich zum Schwimmen.

Bademeister Ole Bennert begutachtet das Thermometer. „Zwei Grad“, verkündet er. „Hier im Loch zieht der Wind rein, so ist es immer etwas kälter als oben.“ Gut 15 Winterschwimmer ziehen schon ihre Bahnen, hin und wieder im dichten Dampf verschwindend, der wie eine Nebelbank aus dem Wasser emporsteigt. Los geht es also.

Als ich aus der Umkleide komme wird mir bewusst, warum man im Winter für gewöhnlich Jacke, Mütze und Schal trägt und die Badehose eher im Hallenbad zum Einsatz kommt. Doch das Wasser empfängt meinen zaghaften Fuß mit 29 Grad. Und schwupps, der Rest des Körpers folgt ohne Zögern. Das tut gut.

Auch wenn es etwas nieselt, Regenschirm und Mütze sind nicht vonnöten. Die nebenan liegende AWG Müllverbrennungsanlage liefert die Wärme für die Beckenheizung. Ich lehne den Kopf zurück und treibe eine Weile auf dem Rücken, den schmucklosen grünen Komplex der Verbrennungsanlage, der mit seinem Schornstein über die Bäume ragt, betrachtend. Und ich finde, hässlich sieht das Ding nicht aus.

Ich muss auf meiner Bahn bleiben, denn mitten im Dampf könnte plötzlich ein weiterer Schwimmer auftauchen. In den Morgenstunden von sieben bis elf Uhr kommen rund 250 davon. „Insgesamt haben wir 800 Winterschwimmer“, erzählt Bennert.

Ein Weiterer kommt gerade an. „Ist aber spät“, ruft Bennert ihm nach. „Ich stand im Stau“, kommt die Begründung zurück. Bennert dreht sich wieder um. „Man weiß mit der Zeit, wer wann kommt.“ Winterschwimmer Klaus Paffrath verlässt die Anlage gut gelaunt. „Vor Heiligabend war hier Musik und Beleuchtung. Und ich war lange alleine im Wasser. Ein Traum“, schwärmt er.

„Die meisten sind Berufstätige mit Schichtdienst, Rentner oder Sportler wie die deutsche Meisterin Dunja Voos“, sagt Bennert. „Alle sind nett, man stört sich hier nicht.“ Und er schwimmt auch selber. „Ja sicher“, Bennert lacht kurz. „Nach Dienstschluss. Ich muss ja fit bleiben.“ Einen Unfall gab es beim Winterschwimmen noch nie. Bennert klopft gegen einen Pfosten. „Toi toi toi.“

Meine Zeit ist rum, ich eile aus dem Becken zur Dusche. Bennert witzelt mit zwei Schwimmerinnen am Beckenrand, die kurz darauf auch aus dem Wasser ins Warme schnellen. Liegt mehr Schnee, kann man einen Tunnel benutzen. Mark Baumbach ist ebenfalls umgezogen. Er fährt mich hinunter ins Tal. „Wenn man sich direkt heiß abduscht, erkältet man sich nicht“, weiß er aus Erfahrung. Dieses Jahr ist er erstmals Winterschwimmer. „Die frische Luft hier oben, der Schnee, das ist schön“, sagt er. Und ich weiß, was er meint.