Pflege von Eichhörnchen Zweite Chance für verletzte Tiere in Wuppertal
Wuppertal · Julia Bramstedt pflegt Eichhörnchen und Igel – sie erklärt, wie mit ihnen im Notfall umgegangen werden soll.
Munter klettern die kleinen rotbraunen Tierchen Bäume rauf und runter, knabbern an Nüssen und laufen umher. Die Rede ist von Eichhörnchen. Doch der Wald birgt viele Gefahren. Nicht zuletzt durch den Menschen. Klimawandel, Abholzung und der Straßenverkehr sind gefährlich und mindern die Lebenserwartung der Eichhörnchen enorm. Laut Naturschutzbund überlebt nur eines von fünf Jungtieren das erste Jahr.
Julia Bramstedt möchte dem entgegenwirken. Bramstedt ist ausgebildete Tierarzthelferin und kümmert sich um die verletzten Tiere. Schon von klein auf hat sie Wildtiere aufgepäppelt und während der Ausbildung immer alles mitgenommen, was verletzt war und Hilfe brauchte.
An ihr erstes Eichhörnchen erinnert sie sich gerne zurück. Eine Familie gab den kleinen Nager in der Praxis ab, doch der Arzt lehnte eine Behandlung ab. Tierärzte sind nicht verpflichtet, Wildtiere zu behandeln, sofern sie keinen Notfall darstellen, lautet die Regelung des Wildtierschutzes.
„Das Geschwisterchen war schon gestorben, über Stunden hinweg hat die Familie keine Hilfe gefunden“, erzählt Bramstedt. Also nahm sie die Pflege schließlich selbst in die Hand. Einfacher gesagt als getan. Denn die Betreuung besteht nicht nur aus Füttern und gut zureden. Expertise und die richtigen Werkzeuge sind gefragt. „Ich habe mir schon bei dem ersten Eichhörnchen gesagt, dass ich es von Anfang bis Ende begleiten möchte – inklusive Auswilderung“, sagt Bramstedt. Dafür sind sogenannte Volieren nötig. Das sind große Gehege, in denen sich die Tiere langsam wieder an ihre Umwelt gewöhnen können, bis sie bereit sind, auf eigenen Füßen zu stehen. Bramstedt baut diese mit ihrem Mann und ihrem Vater selbst. Im Haus und im Garten befinden sich Volieren für die verschiedenen Bedürfnisse der Eichhörnchen. Sie müssen mindesten fünf Quadratmeter groß und wettergeschützt sein, und es dürfen keine Ratten oder Mäuse eindringen können. „In der Voliere können die Eichhörnchen klettern lernen und sich an das Klima und die Geräusche gewöhnen“, erklärt Bramstedt.
Circa zwei bis vier Wochen verbringen die Tiere dort und werden in dieser Zeit weiterhin gefüttert. Wenn Bramstedt meint, dass die Nager bereit für die freie Natur sind, öffnet sie die Klappe. Daran sind Feuerwehrschläuche befestigt, durch die sie in die Freiheit gelangen. Manche krabbeln direkt heraus, andere brauchen noch ein bisschen Zeit, ehe sie sich trauen. Die Eichhörnchen werden immer in Gruppen ausgewildert und „der Kleinste gibt den Takt vor“, bemerkt Bramstedt. Für Notfälle wie Operationen arbeitet sie mit Praxen zusammen.
Wenn die Eichhörnchen ihren eigenen Weg gehen, blickt Bramstedt ihnen wehmütig, aber auch stolz hinterher. „Ich habe Angst, dass ihnen etwas passiert und freue mich gleichzeitig über ihre zweite Chance“, so die Tierfreundin.
Über die lange Zeit in ihrer Obhut, wachsen ihr die Hörnchen ans Herz. So gibt sie jedem Tier, das sie aufnimmt, einen Namen. Umso schlimmer ist es, wenn ein Tier stirbt. Das käme zwar zum Glück selten bei ihr vor, trotzdem hat Bramstedt einen kleinen Eichhörnchenfriedhof angelegt. Dort vergräbt sie auch Nager, die sie tot auf der Straße findet. Die könne sie nicht einfach so liegen lassen. Viele Hörnchen kehren zur großen Freude von Bramstedt auch zurück: „Ich habe letztes Jahr erlebt, dass ein Eichhörnchen wiedergekommen ist und sogar auch ein Mädel mitgebracht hat. Die kommen dann zum Futtern und Verschwinden wieder.“
Jungtiere suchen im
Notfall menschliche Hilfe
Höchstens zehn Hörnchen im Jahr nimmt Bramstedt aus eigener finanzieller Kraft auf. Sie möchte sich lieber intensiv um sie kümmern können, als zu viele aufzunehmen. Das jüngste war gerade einmal eine Woche alt und brachte 35 Gramm auf die Waage. Im Durchschnitt bekommt sie die Hörnchen im Alter von drei bis vier Wochen. Das Alter, in dem die Jungtiere neugierig werden und beim Erkunden abstürzen oder von Elstern angegriffen werden. Die Tierpflegerin behandelt nicht nur Eichhörnchen im Sommer, sondern auch Igel im Winter. Die sind ihr, seitdem sie 13 Jahre alt ist und Igel-Babys im Garten gefunden hat, ans Herz gewachsen. Ihr Hinweis zum Schutz der Tiere lautet: „Rasenmäherroboter sind eine Todesfalle.“
Was tun, wenn ein verletztes Hörnchen Hilfe sucht? „Sichern, aber nicht behalten“, lautet die Regel von Bramstedt. Vor allem Jungtiere suchen sich in Notfallsituationen menschliche Hilfe, krabbeln vielleicht auch mal das Hosenbein hoch. Doch so süß die Vorstellung eines Eichhörnchens als Haustier auch sein mag, sie sind nicht dafür gedacht. Insbesondere gesunde Jungtiere einzusammeln und zu Hause einzusperren kann tödlich für die Nager sein. Bei verletzten Eichhörnchen ist der Eichhörnchennotruf die richtige Anlaufstelle (siehe Kasten). Bei Igeln hilft der Igelverein in Wuppertal. Eichhörnchen übertragen keine Tollwut, Flöhe oder sonstige Krankheiten, sagt Bramstedt. Sie können getrost gesichert und warmgehalten werden, bis Hilfe naht. Weitere Informationen und Bilder zu Bramstedts Arbeit finden sich auf ihrer Kampagnenseite: