Zwischen Lobgesang und Klagelied: Friedrich Klein singt 70 Jahre
Sängerkreis ehrt Friedrich Klein für 70 Jahre Chorgesang.
Wuppertal. Ovationen sind für Friedrich Klein nichts Ungewöhnliches — immerhin steht der 87-jährige schon von Kindesbeinen an als Chorsänger auf der Bühne. Doch am Samstag war alles anders: Da galt der Applaus im Veranstaltungssaal des Wuppertaler Hofes ihm allein: Klein wurde vom Deutschen Chorverband (DCV) für seine 70-jährige aktive Mitgliedschaft in der Gesangsabteilung des Oberbarmer Turnerbundes (OTB) geehrt. 49 weitere Sänger aus Wuppertal wurden ebenfalls ausgezeichnet.
„Die Kultur des gemeinsamen Singens bereichert unsere Gesellschaft und jeden Einzelnen von uns“, sagte Dirk Jaschinsky (CDU), Vorsitzender des Kulturausschusses im Rat der Stadt Wuppertal. Er warb kräftig für das Mitsingen in Chören: „Mit Heiterkeit und Freude treten Chöre gegen die soziale Kälte in unserer Gesellschaft an.“ Jeder komme im Chor auf seine Kosten: „Der Eingebildete erntet Eigenlob, die Großen treffen das hohe C, Singles sind nicht mehr allein.“
Hinter der heiteren Rede steckt derweil ein Problem, das auch die 45 Chöre im Sängerkreis Wuppertal beschäftigt: „Es ist schwer, Nachwuchs zu finden“, erklärte dessen Vorsitzender Karsten Kornacker. Besonders große, traditionelle Männerchöre würden unter dem Mitgliederschwund leiden. Dafür würden hingegen viele kleinere, neue Ensembles entstehen.
Eines davon ist die Gruppe „Ladies Harmonie“ aus Hatzfeld. Unter der Leitung von Swetlana Stenin schlugen die 15 Frauen den musikalischen Bogen mit „Where You Walk“ von Georg Friedrich Händel vom Barock bis in die Gegenwart mit einem Medley aus den bekanntesten Liedern der amerikanischen Casting-Show „American Idol“.
Dass ein Frauen-Ensemble auf der Bühne steht, ist indessen nicht immer normal gewesen — was die katastrophale Frauenquote bei der Ehrung zeigte: Unter den 50 Geehrten befanden sich lediglich drei Frauen. Kornacker: „Frauenchöre gibt es erst seit 50 Jahren, das Chorsingen war damals von Männern dominiert.“ Heute sähen die Zahlen jedoch anders aus: 40 Prozent der Singenden seien Frauen, verriet Kornacker — mit steigender Tendenz.