Auswandern zum Abspecken
Drei extrem übergewichtige Männer wollen in China ihre Pfunde verlieren. Dort gehören die „Dicken aus den USA“ schon zur Lokalprominenz.
Tianjin. Im Vergleich zu den schmalen Chinesen wirken Alonzo Bland und die Brüder Walt und David Anderson noch dicker, als sie ohnehin schon sind. Dennoch sind die drei extrem übergewichtigen Männer aus den USA ausgerechnet nach China gezogen, um hunderte überflüssige Pfunde los zu werden.
"Ich denke, das Abnehmen funktioniert hier, weil China weit weg von allem Vertrautem ist", sagt Bland. 103 von 291 Kilo hat er bereits abgespeckt, seit er vor einem halben Jahr in die nordchinesische Hafenstadt Tianjin kam. Finanziert wird die Abmagerungskur von der US-Firma China Connection, die für traditionelle chinesische Medizin wirbt.
Mit Schlankheitswahn hat der radikale Schritt nichts zu tun. Vor acht Jahren musste dem 33-jährigen Bland aus Wisconsin ein Luftröhrenschnitt gesetzt werden, weil das viele Fett ihm die Luftröhre abzudrücken drohte.
David Anderson kündigte seinen Job als Tellerwäscher in einem Casino in Iowa und verkaufte sein Auto, um in China einen letzten Versuch zu unternehmen, sein Leben zu retten. "Bevor ich hierher kam, war ich an einem Punkt angelangt, an dem ich keine fünf Meter laufen konnte, ohne nach Luft zu schnappen", sagt Anderson. "Ich denke nicht, dass ich meinen 51. Geburtstag noch erlebt hätte." 41 Kilo hat er inzwischen abgenommen, jetzt wiegt er noch 104 Kilo.
Die drei Männer haben einen Wettbewerb von China Connection gewonnen und dürfen nun so lange wie nötig in der Diätklinik von Tianjin bleiben. Die "Dicken aus den USA" gehören mittlerweile zur Prominenz von Tianjin. Und als sein Bild in der Zeitung erschien, meldete sich eine Frau, die den 56-jährigen Walt Anderson heiraten wollte.
Doch längst nicht alle Chinesen reagieren so freundlich auf die Männer in Übergröße. Als die drei in der Pause durch die Stadt spazieren, werden sie angestarrt. Bei ihrer Ankunft, als sie noch dicker waren, hätten sie noch viel mehr Aufsehen erregt, erzählen die Männer. Taxifahrer hätten sich geweigert, derartig übergewichtige Passagiere zu befördern. Der Krankenhaustransporter war deshalb zunächst das einzige Verkehrsmittel.
"Für uns Chinesen ist es eben sehr schwierig, solche dicken Leute zu sehen", sagt der behandelnde Arzt Su Zhixin. "Alonzo ist unser schwerster Patient seit Eröffnung der Klinik 1998." Bland seufzt und erinnert sich mit Unbehagen an die Blicke, die er in der ersten Zeit in China auf sich zog. "Das war unerträglich, ich wollte schon gar nicht mehr raus gehen. Aber dann begannen die Kilo zu purzeln, und ich dachte mir: Ich bin, wie ich bin."
Bland vermisst seine Kinder und seine Verlobte, die in den USA geblieben sind. Trotzdem ist er fest entschlossen, weiter durchzuhalten. "Mein Ziel sind 100 Kilo", sagt er. "Mein niedrigstes Gewicht, an das ich mich erinnern kann, waren 160 Kilo. Damals ging ich noch zur Schule."
Walt Anderson träumt schon von dem Tag, an dem sie alle drei schlank nach Hause zurückkehren werden. "Auf dem Hinflug brauchten wir noch Verlängerungen für die Sitzgurte", sagt er. "Dann aber werden wir einfach einsteigen und wie normale Passagiere zurückfliegen. Das wird ein richtiges Vergnügen."