Der Poldi-Rückhol-Verein
Kölner Fans wollen den Stürmer im FC-Trikot sehen. Dafür sammeln sie viel Geld.
Köln. Eigentlich ist Bernd Schnitter Geschäftsführer einer Suchtklinik in Köln, und das ist für diese Geschichte so treffend, dass es erwähnt werden muss. Schnitter, 52, Familienvater, wird von Berufswegen manchen Wahnsinn gewohnt sein, aber für den vielleicht größten kann der Mann mit den graumelierten Locken bald selbst verantwortlich sein.
Wenn sich der Fußball-Bundesligist 1. FC Köln anschickt, nach dieser Saison den Stürmer Lukas Podolski vom FC Bayern München loszueisen, wird es nämlich zuerst um Geld gehen. Viel Geld sogar. Von rund zwölf Millionen Euro ist die Rede.
Und weil das zu viel Geld für die Kölner sein könnte, trat Schnitter am 11.11. dieses Jahres den Gang zum Notar an und gründete mit zehn Gleichgesinnten den gemeinnützigen Verein "comPoldicom" - dessen einziges Ziel es laut Satzung ist, Lukas Podolski nach Köln zu holen.
"Ich glaube, das will der Lukas, und das will auch der 1. FC Köln", sagt Schnitter und hört sich dabei an, als wäre es selbstverständlich, dass er höchstselbst diese seit Wochen in allen Medien geäußerten gegenseitigen Liebesmühen an ein gutes Ende führen müsste.
Man könnte das Ganze für einen Karnevalsschwerz halten, für eine billige Idee, die in den Netzwelten, in denen sie auf www.comPoldi.com ihre Verbreitung findet, schnell verloren geht. Aber Schnitter ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, er gilt als Finanzexperte, und er hat den Verein professionell aufgestellt. 24 000 Flugblätter haben seine Mitstreiter bei Heimspielen des FC verteilt.
Kölner Karnevalsgrößen seien schon dabei, am Montag kündigte zuletzt der Regisseur Jürgen Flimm im Spiegel-Magazin seine Mitgliedschaft an. "Ehrensache" hat der gesagt, und Schnitter hat sich gefreut wie ein kleines Kind. "Das ist erst der Anfang", sagt er. 44 000 Zugriffe hatte die Homepage schon, ganz Köln will Podolski zurück.
Die Stadt ist jeck, seit Wochen und Monaten. So jeck, dass es den Trainer Christoph Daum, der diesen Wechsel stets befeuert hatte, schon schüttelt. "Die Personalie Podolski verhindert den Blick auf unsere Spieler", sagte Daum nach vier Niederlagen des tristen FC-Personals. Schnitter ist das egal. "Wir halten noch Abstand zu den Offiziellen des Vereins", sagt er. Erst will er Ergebnisse bringen, kein Spinner sein, über den sie lachen. Am Ende will er lachen.
"Erste Erwartungen haben wir schon erfüllt", sagt Schnitter. Zahlen nennen will er nicht. "Der Zeitpunkt kommt noch." Rund 2,5 Millionen Euro zu erwirtschaften, hält er für möglich. Die könne man dann oben drauf legen, wenn sie dem FC fehlten, sagt Schnitter.
Er glaubt das, er, der Baden-Württemberger, der 1978 nach Köln kam und sich in diesen verrückten Fußballklub verliebte. Seit 1980 geht er mit Dauerkarte ins Stadion. Der Verein will nicht nur Fanklubs ansprechen, er soll "einen Kult begründen". Wie der Karneval Kult ist. Jetzt ist die richtige Zeit für diese Bewegung, findet Schnitter.
Der rheinische Frohsinn ist gleichsam Bestandteil des Plans. Für kritische Stimmen, für Bedenkenträger ist kein Platz. "Wenn man immer nur nach der nächsten Welle schaut, wird man nie über das Meer segeln", sagt Schnitter und sieht am Horizont Podolski aufziehen. Hat er Kontakt zu dem jungen Fußballer? "Wenn es so ist, würde ich es nicht sagen", sagt der Familienvater. Seine Zeit - man ahnt es - kommt noch.
Und wenn Poldi oder der FC doch nicht wollen? "Dann stiften wir den Ertrag dem Jugendfußball in Köln", sagt Schnitter. Damit schnell neue Podolskis nachwachsen in der Domstadt. Eine Art Ersatzdroge.