Charles kämpft um den Thron

Mischt sich Prinz Charles zu sehr in die Politik ein? Eine Sendung im Fernsehen meinte Ja – als König sei er ungeeignet. Der Thronfolger wehrt sich.

London. Dass die Mitglieder des britischen Königshauses zu politischer Neutralität verpflichtet sind, ist wohlbegründet, kann aber für einen denkenden Menschen eine ganz schöne Zumutung sein. Und so lässt Prinz Charles in schöner Regelmäßigkeit die gebotene Zurückhaltung vermissen und wird ebenso regelmäßig dafür kritisiert. Ein Fernsehfilm über die Einmischungen des Prinzen ging dem nun freilich zu weit.

Umweltaktivist, Tierschützer, Kämpfer für Menschenrechte

Die Lieblingsthemen des Königssohnes sind den Briten wohlbekannt, immer wieder äußert er sich zu Bio-Landwirtschaft und alternativer Medizin, zu Architektur und Klimawandel, zu Tierschutz und Menschenrechten. Er hat sich mit seinen Zwischenrufen den Beinamen "royal rebel" (königlicher Rebell) verdient und oft missionarischen Eifer entwickelt. Schon früher murrten Politiker, Charles bombardiere Parlament und Kabinett mit Briefen: handgeschrieben, voller Furor, Ausrufezeichen und Unterstreichungen. Die TV-Dokumentation über den Prinzen, die gestern auf Chanel 4 ausgestrahlt wurde, warf dem 58-Jährigen nun nicht nur politische Einflussnahme vor, sondern zielte darauf ab, seine Eignung als zukünftiger König ganz generell in Zweifel zu ziehen. Während die Queen ihre Meinung allenfalls im vertraulichen Gespräch mit dem Premierminister kundtue, nehme der Prinz die politischen Entscheidungsträger in Parlament und Ministerien "über Gebühr" in Anspruch. Monatelange Recherchen hätten ergeben, dass Prinz Charles systematisch und intensiv versuche, Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen, erklärte der Autor der Sendung, Simon Barnes. Der Amtssitz des Prinzen gleiche einer politischen Lobbyzentrale. "Wir wissen, was er über mehr oder weniger alles denkt", erklärt Oberhaus-Mitglied Lord Wedderburn in der Sendung. Wenn er dieses Verhalten als König beibehalte, gefährde Charles die gesamte konstitutionelle Monarchie.

Charles will sich weiter einmischen - bis er König wird

Charles reagierte alarmiert und mit einem ungewöhnlichen Schritt. Noch vor Ausstrahlung der Sendung veröffentlichte sein Privatsekretär, Sir Michael Peat, eine 21-seitige Stellungnahme. Darin weist er nicht nur die Vorwürfe Punkt für Punkt zurück, sondern beschreibt auch das Rollenverständnis des Prinzen. Wenn sich Charles beispielsweise für den Wildlachs einsetze, sei das schwerlich als tagespolitische Einmischung zu werten. Er verhalte sich seit 35 Jahren "politisch neutral", verhelfe aber Themen auf die Agenda, die den Bürgern wichtig seien. Im übrigen wisse Charles besser als jeder andere, dass seine Rolle eine andere sein werde, wenn er einmal den Thron besteigt. Bis dahin mache er sich Gedanken über das Wohl des Landes und bemühe sich, Dinge zum Besseren zu ändern, erklärte Peat. Einige der Leute, mit denen der Sender gesprochen habe, seien offenbar der Auffassung, der Prinz solle überhaupt nicht am öffentlichen Leben teilhaben - und still warten, bis er König werde.