Der einsame Fürst der Mode
Tod eines Genies: Die Modewelt trauert um Yves Saint Laurent. Er provozierte mit Kreationen und Skandalen – und litt an Depressionen.
Paris. Sie spreche nur drei Worte Französisch, soll die britische Prinzessin Diana einmal gesagt haben: Yves Saint Laurent. Auch Romy Schneider gehörte zu den Stammkundinnen des französischen Modemachers, und bis zuletzt ließ sich Stil-Ikone Catherine Deneuve von ihm einkleiden.
Die Initialen YSL sind weltbekannt, sie stehen für französische Mode und Eleganz schlechthin. In der Nacht zum Montag starb Saint Laurent mit 71 Jahren in Paris an einem Gehirntumor.
"Er war der erste, der Frauen in Hosen steckte, der erste, der ihnen einen Smoking anzog", sagte sein langjähriger Geschäftspartner und Lebensgefährte, Pierre Bergé. "Dafür schulden die Frauen in aller Welt ihm etwas." Chanel, sagte Saint Laurent einmal, habe die Frauen befreit.
"Das hat mir Jahre später ermöglicht, ihnen die Macht zu geben." Als der "Modefürst" in den 1960er Jahren die Frauen in Hosenanzüge und Matrosenjacken kleidete, galt das als revolutionär.
Yves Saint Laurent wurde am 1.August 1936 im algerischen Oran geboren. Als 17-Jähriger gewann er mit einem Cocktailkleid-Entwurf einen Preis des "Internationalen Wollsekretariats" - einer seiner Mitbewerber war der drei Jahre ältere Hamburger Karl Lagerfeld.
Ein Jahr später wurde der talentierte junge Mann in Paris Assistent von Christian Dior, dem damals berühmtesten Modeschöpfer des Landes. Als Dior 1957 starb, wurde Saint Laurent von einem Tag auf den anderen künstlerischer Direktor seines Modehauses - und jüngster Couturier weltweit.
Schon seine erste Kollektion machte Furore: Kundinnen und Kritiker begeisterten sich für die "Trapez"-Linie, die ein radikaler Bruch mit der damals üblichen Wespentaille war.
Mit dem Ruhm der folgenden Jahre konnte Saint Laurent nicht umgehen. Er war schüchtern und kurzsichtig, versteckte sich hinter dickem Brillenglas. Als er 1960 zum Militär einberufen wurde, ersetzte ihn das Haus Dior durch den Modemacher Marc Bohan.
Saint Laurent verfiel in tiefe Depression - bis er im Jahr darauf mit seinem Partner Pierre Bergé ein eigenes Modehaus gründete. In den kommenden Jahrzehnten bildeten die beiden ein unschlagbares Gespann. Saint Laurent war der Kreative, Bergé der Manager.
Seine Ideen nutzte YSL gern zum Tabubruch - etwa bei der Kollektion "40", die 1971 an die dunkle Zeit der nationalsozialistischen Besatzung erinnerte. Für seinen Herrenduft "homme", den er im gleichen Jahr einführte, ließ er sich in heute legendären Werbeanzeigen nackt fotografieren. Auch war er der erste, der schwarze Mannequins für sich laufen ließ.
Mit transparenten Stoffen kreierte er 1962 den "Nude Look", der bei seinen Models den Busen durchblitzen und Konservative aufschreien ließ.
"Yves hat meisterhaft eine der schönsten Seiten im Buch des französischen Geistes geschrieben", schrieb Bergé 1996. "Das müsste ihn glücklich machen. Aber wer das glaubt, weiß nicht, dass Kreativität immer eine Hochzeit von Talent und Leid ist."
Erst als Yves Saint Laurent sich im Januar 2002 mit einem rauschenden Abschiedsdefilée von der Mode zurückzog - sein Unternehmen war da schon längst verkauft und gehört heute zum französischen Luxuskonzern PPR -, sprach er die dunkle Seite seines Lebens offen an.
Er habe "höllische Angst" und "schreckliche Einsamkeit" erlebt, gab der Couturier zu, außerdem "falsche Freunde wie Beruhigungsmittel und Drogen, das Gefängnis der Depression und das der Sanatorien".
Nach jenem Tag vor sechs Jahren habe YSL nie wieder einen Stift angerührt, sagte Bergé, der jahrzehntelang mit ihm das Leben teilte. "Seine große Liebe, seine große Leidenschaft war die Mode."