Elektroflitzer tanken gratis
Bis 2020 sollen eine Million Elektroautos in Deutschland fahren. Noch fehlen Ladestationen, Werkstattnetze und erschwingliche Fahrzeuge. Aachen ist eine Modellregion — so wie Münster.
Aachen. Was für ein Traum in diesen harten Spritpreis-Zeiten: Gratis tanken! Dieses traumhafte Angebot gibt es in Aachen — allerdings nur für Elektrofahrzeuge.
Die Aachener Stadtwerke bieten an ihren öffentlichen Ladestationen in diesem Jahr kostenlosen Strom für Elektrofahrzeuge an, aber E-Autos sind ja noch Mangelware. In Aachen ist die Elektromobilität etwas weniger Zukunftsmusik und etwas mehr Realität als anderswo.
Münster und Aachen zusammen sind eine von bundesweit acht Modellregionen für Elektromobilität. Die Münsteraner arbeiten an den Akkus, die Aachener kümmern sich um ganz praktische Dinge wie Tankstellen, freies Werkstättennetz, Versicherungen. Glanzstück ist ihr Street-scooter, ein selbst entwickeltes Elektroauto: klein und preiswert, früher belächelt, heute gespannt beobachtet. In zwei Jahren soll der Kleine auf den Markt kommen.
Schuhkarton haben sie ihn wegen seiner Einfachheit abfällig genannt. Für Professor Andreas Kampker ist der Streetscooter eine Art „Freilandversuch“: Kann man ein kleines, solides Elektroauto ohne Schnickschnack in Serie produzieren? Kann es am Markt bestehen?
„Wir sind ein No Name“, sagt Kampker. Anders als die großen Automobilfirmen seien die Aachener keinem Image verpflichtet. Bei der Vereinfachung gibt es keine Tabus — nicht einmal bei der Klimaanlage.
Während ein herkömmliches Elektroauto rund 20 000 bis 30 000 Euro plus Batterie koste, wollen die Aachener den Scooter für 5000 Euro plus Leihgebühren für die Batterie auf den Markt bringen. Das Konsortium aus Mittelständlern und Universität Aachen versteht den Scooter nicht als Kampfansage an die großen Autokonzerne.
„Wir können einen Beitrag zu der Technologie leisten, und dadurch beschleunigen wir den Gesamtprozess“, sagte Kampker. Natürlich werde der Kleine die Großen ein wenig ärgern. Aber mit der Markteinführung werde die Hochschule aus dem Projekt aussteigen.
„Aachen wird viel mehr E-Fahrzeuge als der Bundesdurchschnitt haben“, ist der zuständige Experte bei den Aachener Stadtwerken Stawag, Andreas Pfeiffer, überzeugt, allein wegen der Hochschulen.
Seine Frau profitiert zurzeit mit ihrem Elektroroller von dem Gratisangebot: Roller an die Station, Stecker rein, und wenn die Lehrerin nach der Schule nach Hause fährt, ist der Akku voll. Im nächsten Jahr wird ein Rechner der Stawag registrieren, wieviel Strom sie abzapft. Dafür kriegt sie dann die Rechnung.