Europas größter Kunstraub
Überfall: In Zürich sind Bilder im Wert von 113 Millionen Euro gestohlen worden – von Monet, van Gogh, Cézanne und Degas.
Zürich. Es ist der größte Kunstraub aller Zeiten in Europa: Unbekannte haben vier Bilder weltbekannter Maler aus der Sammlung Bührle in Zürich gestohlen. Deren Wert: 113 Millionen Euro.
Sonntag, 16.30 Uhr, es ist eine halbe Stunde vor Schluss, als ein weißer Lieferwagen vor dem Museum vorfährt. Ein auffällig altes Auto in jenem Züricher Nobel-Bezirk8, in dem es zwischen freistehenden Villen vor allem große Gärten gibt, und der Zürichsee direkt um die Ecke liegt. Doch Zeit, sich über den alten Wagen zu wundern, hat niemand: Drei Männer, schwarz gekleidet und vermummt mit Sturmhauben, stürmen in die Eingangshalle, fuchteln mit Pistolen herum. Einer befiehlt den Wachleuten: "Hinlegen!" Die anderen Männer laufen ins Erdgeschoss und bedienen sich an den Wänden.
Nur drei Minuten später verschwinden die Täter - zu schnell für die alarmierte Polizei. Die Beute: Die Ölgemälde "Der Knabe mit der roten Weste" von Paul Cézanne, "Ludovic Lepic und seine Töchter" von Edgar Degas, "Blühende Kastanienzweige" von Vincent van Gogh und "Mohnblumen bei Véthuil" von Claude Monet. Die Bilder, sagt die Polizei, haben auf der Flucht wohl hinten aus dem weißen Auto geragt. Vermutlich seien die Männer in Richtung der Stadt Zollikon südlich von Zürich geflohen. Dass sie bewaffnet waren, sei für einen Kunstraub eine neue Kategorie der Gewalt, so die Ermittler. 15 Museumsbesucher seien in psychiatrischer Behandlung.
"Die Bilder kann man nicht verkaufen", sagt Kunstdetektivin Ulli Seegers von Artloss, dem internationalen Register für gestohlene Kunst, auf Nachfrage unserer Zeitung. "Es handelt sich dabei um Hauptwerke der vier Künstler." Zwar gebe es in solchen Fällen immer wieder die Vermutung, dass vermögende Sammler den Auftrag zum Raub gegeben hätten. "Das habe ich aber in all den Jahren bei Artloss noch nicht erlebt." Viel wahrscheinlicher sei, dass die Kunstwerke geraubt wurden, um die Versicherung zu erpressen.
In Zürich ging bislang keine Lösegeldforderung ein, so Museumsleiter Lukas Gloor. Er schloss aber nicht aus, eine Forderung der Räuber zu zahlen - schließlich handele es sich um "die vier Meisterwerke der Sammlung". Für deren Wiederbeschaffung wurden 62500 Euro Belohnung ausgelobt.
Sammlung Der Industrielle Emil Bührle (1890-1956) sammelte Kunst des französischen Impressionismus’. Seine öffentliche Sammlung in einer Villa in Zürich (Foto) vereint rund 200 Werke.
20.April 2002: Vier Männer brechen in das Berliner Brücke-Museum ein und stehlen neun Gemälde im Wert von 3,6 Millionen Euro. Ein Jahr später sind alle Bilder sichergestellt, die Täter festgenommen.
11.Mai 2003: Ein Alarmanlagenexperte stiehlt die "Saliera" von Benvenuto Cellini aus dem Kunsthistorischen Museum in Wien. Das goldene Salzfässchen ist rund 50 Millionen Euro wert. Der Dieb fordert drei Jahre später zehn Millionen Euro Lösegeld, wird aber festgenommen.
22.August 2004: Zwei bewaffnete Männer rauben die Gemälde "Der Schrei" und "Madonna" aus dem Edvard-Munch-Museum in Oslo. Wert: 75Millionen Euro. Täter gefasst, Bilder beschädigt.
27.Februar 2007: Aus der Pariser Wohnung von Picassos Enkelin werden in der Nacht drei Kunstwerke im Wert von 50 Millionen Euro gestohlen. Diebe und Kunstwerke wurden gefunden.
5.August 2007: Bewaffneter Raubüberfall auf das Musée des Beaux Arts Jules Chéret in Nizza. Beute: unter anderem ein Bild von Monet. Die Täter sind flüchtig.