Fiesta oder Folter? In Pamplona beginnt am Mittwoch die Stierhatz
In Spanien starten die blutigen „San Fermines“. Dort kommen Tiere, aber immer wieder auch Menschen zu Schaden.
Pamplona. „Mir gefällt unser Volksfest, ich bin aus dieser Stadt“, bekennt Sergio Ruiz. „Aber es würde mir noch besser gefallen, wenn es keine Stiertreiben und keine Stierkämpfe geben würde.“ Ruiz gehört zu ein paar Tierschützern, die sich vor dem Rathaus der nordspanischen Stadt Pamplona versammelt haben, um gegen „Blut, Folter und Tod“ während Spaniens berühmtesten und umstrittensten Stier-Spektakels zu protestieren.
Am Mittwoch beginnen die Stierhatzen von Pamplona, die „San Fermines“. Jedes Jahr gibt es bei diesen Läufen, an denen täglich mehrere tausend junge Leute teilnehmen, hunderte Verletzte, manchmal auch Tote. Zuletzt starb vor zwei Jahren ein Spanier, nachdem sein Hals von einem Horn durchbohrt worden war.
Der Widerstand gegen diese Marathon-„Fiesta“ und gegen Stierkämpfe im ganzen Land nimmt zu. Die Mehrheit der Spanier ist Umfragen zufolge gegen diese jahrhundertealte Tradition. Das spanische Fotomodell Elen Rivas ließ jüngst für den Tierschutz die Hüllen fallen und erinnerte an „die nackte Wahrheit: Der Stierkampf ist grausam“. Pamplonas Bürgermeister Enrique Maya wird am Mittwoch trotzdem das größte Volksfest des Königreichs eröffnen.
„Wir können es uns nicht erlauben, Ereignisse zu organisieren, wo unschuldige Tiere zum reinen Vergnügen gefoltert und ermordet werden“, empört sich Aida Gascon, Chefin der spanischen Tierschutz-Bewegung AnimaNaturalis. Das San-Fermin-Fest sollte sich auf die Pflege „zivilisierter Traditionen“ beschränken. Denn die Stier-Fiestas seien schlichtweg eine „Schande“ für das Land, das sich auf diese Weise als „eine der rückständigsten Kulturen Europas“ präsentiere.
Vor allem aber lässt die größte Stierkampf-Party der Welt die Kassen in Pamplona klingeln. Schätzungen zufolge spült das Massenereignis rund 75 Millionen Euro in die Schatullen der örtlichen Geschäftsleute. Dazu trägt nicht unerheblich bei, dass die feiernde Besucherschar literweise Bier und „Kalimotxo“, eine Mischung aus Cola und Rotwein, in sich hinein schüttet.
Tobende Stiere, viel Alkohol und drängende Massen — die Sanitäter haben auf diesem Volksfest alle Hände zu tun. Fast 700 Verletzte gab es im vergangenen Jahr: Dutzende Menschen, die von den rund 500 Kilo schweren Kampfbullen aufgespießt oder niedergerannt wurden. Andere, weil sie nach dem beliebten Mutsprung aus schwindelerregender Höhe nicht in den Armen der betrunkenen Kameraden, sondern auf dem Pflaster landeten.
In diesem Jahr wird mit besonders großem Andrang von „Mozos“, von Stiertreiben-Teilnehmern, gerechnet. Sie kommen auch, um den 50. Todestag des großen literarischen Vaters dieses Stier-Wahnsinns zu feiern. Der amerikanische Literatur-Nobelpreisträger Ernest Hemingway setzte schon im Jahr 1926 dem Stiertreiben von Pamplona mit seinem Roman „Fiesta“ ein Denkmal.
Seitdem rennen immer mehr Engländer, Amerikaner und Australier vor den schnaubenden Kampfbullen um ihr Leben, um einmal das zu spüren, was Hemingway so beschrieb: „Der Stierkampf ist die einzige Kunst, in der sich der Künstler in Todesgefahr befindet.“