Billy Crystals Oscar-Comeback
Berlin/Los Angeles (dpa) - Obwohl er in diesem Jahr praktisch nur zweite Wahl war, gilt er vielen als bestmöglicher Gastgeber bei den Oscars: der Komiker Billy Crystal. Seit 1990 hat der inzwischen 63 Jahre alte Schauspieler („Harry und Sally“) achtmal die prestigeträchtigste Preisverleihung der Filmwelt präsentiert.
An diesem Sonntag (Ortszeit Los Angeles/MEZ Montag, 27.2.) moderiert er sie zum neunten Mal. Viele Oscar-Fans freuen sich darauf, gingen doch Crystals bisherige Conférencen legendär in die Geschichte der begehrten Hollywood-Auszeichnung ein.
In Deutschland profiliert sich der Privatsender ProSieben seit 1999 jedes Jahr mit der Live-Übertragung der Oscar-Show. Die Ausstrahlung beginnt in der Nacht von Sonntag auf Montag ab 1.05 Uhr.
„Er ist eine Komiker-Legende und eine Oscar-Ikone, und es fühlt sich gut an, ihn wieder dort zu haben, wo er hingehört“, freute sich Tom Sherak, Präsident der oscarverleihenden Academy of Motion Picture Arts and Sciences, als klar war, dass Crystal den ursprünglich vorgesehenen Eddie Murphy ersetzen würde.
Murphy war aus Solidarität mit Brett Ratner, dem Regisseur seines Films „Aushilfsgangster“, von dem Job zurückgetreten. Ratner hatte den Auftrag als Produzent der Oscar-Show quittiert, nachdem eine schwulenfeindliche Äußerung von ihm bei einer Filmpressekonferenz (Proben seien nur etwas für Schwuchteln), bei Medien und Academy Ärger ausgelöst hatten.
Crystal stand zuletzt 2004 als Oscar-Host auf der Bühne des Theaters im Hollywood & Highland Center (früher Kodak Theatre). Gastgeber der Gala war er auch in den Jahren 1990 bis 1993 sowie 1997, 1998 und 2000 - damals noch im Dorothy Chandler Pavilion oder im Shrine Auditorium. Nur der Entertainer Bob Hope, der 2003 mit 100 Jahren starb, führte häufiger durch die Oscar-Gala: 19 Mal zwischen 1940 und 1978.
Unter den Oscar-Verleihungen, die Crystal präsentierte, befindet sich auch die nach Nielsen-Quotenmessung meistgesehene überhaupt in den USA: die 70. Verleihung im Jahr 1998, als der Blockbuster „Titanic“ vor mehr als 55 Millionen Fernsehzuschauern elf seiner 14 Nominierungen abräumte.
Unvergessen ist auch sein Auftritt 1992: Crystal ließ sich mit einer Beißschutz-Maske wie Anthony Hopkins in dem Thriller „Das Schweigen der Lämmer“ auf die Oscar-Bühne bringen. In Anspielung auf den Kannibalismus der Filmfigur Hannibal Lecter sagte er zu dem Psychopathen-Darsteller Hopkins den zweideutigen Satz: „Ich habe ein paar Academy-Mitglieder bei mir zum Abendessen. Lust, dabei zu sein?“
In den vergangenen fünf Jahren verlor die Oscar-Show ein bisschen die Kontinuität, die sie etwa in den 60er und 80er Jahren mit Bob Hope oder Johnny Carson hatte oder auch in den 90ern mit Billy Crystal oder Whoopi Goldberg. Jedes Jahr wechselten die Moderatoren: 2007 war Ellen DeGeneres dran, 2008 Jon Stewart, 2009 Hugh Jackman, 2010 Steve Martin und Alec Baldwin und 2011 Anne Hathaway und James Franco. Außer Jackman brillierte niemand so richtig von ihnen.
Gerade im vergangenen Jahr merkte man den verkrampften Versuch der Produzenten, die Show unbedingt einer jüngeren Zielgruppe schmackhafter machen zu wollen. Hathaway und Franco wirkten dabei aber arg angestrengt und wenig souverän.
Die erfahrene Whoopi Goldberg (56) lobt ihren Kollegen Crystal: „Die Leute wollen einfach nur wissen, was im Umschlag steht“, zitierte die „Los Angeles Times“ den Hollywood-Star. „Das war genau der Rat, den mir Billy gab, als ich die Show moderierte. Es ist ein schwieriger Auftritt, aber Billy ist ein Meister. Er versteht es, den Saal zu rocken und gleichzeitig Millionen TV-Zuschauer bei der Stange zu halten und die Leute auf der ganzen Welt zu unterhalten.“
Oscar-Fans können gespannt sein, welche Gags Crystal zum Nostalgie-Trend bei den Nominierungen 2012 machen wird (Stummfilm „The Artist“, Georges-Méliès-Hommage „Hugo Cabret“). Bei Twitter verriet er bereits im November, warum er überhaupt wieder moderiert: „Ich mache die Oscars, damit die junge Frau in der Apotheke aufhört, nach meinem Namen zu fragen, wenn ich meine Rezepte einlöse. Freue mich auf die Show.“