Hardy Krüger: Der letzte Weltenbummler
Interview: Der Schauspieler und Autor wird 80, fühlt sich aber nicht alt. Neue Rollen würden ihn genauso reizen wie eine Reise zum Mond. Vielleicht klappt es ja noch.
Herr Krüger, Sie werden 80 Jahre alt - schreckt Sie die Zahl?
Krüger: Nein. 40 oder 50 wäre mir lieber, aber schrecken tut sie mich nicht. Es gab schließlich mal eine Zeit in meinem Leben, da dachte ich, ich würde nicht mal 18. Und alles, was danach kam, war geschenkt. Und alles, was jetzt noch kommt, gehört zu dem Geschenkpaket.
Gibt es denn Vorteile des Alters?
Krüger: Nein. Ich habe immer alles so genommen, wie es kommt, und immer versucht, das Beste daraus zu machen. Und das tue ich jetzt auch. Ich möchte mit Würde altern, und im Moment habe ich noch gar nicht das Gefühl, alt zu werden.
Krüger: Ich bin ein Mensch der frischen Luft und nicht der Kneipen. Sicher habe ich in jungen Jahren auch mal über die Stränge geschlagen... Wenn Sie sich "Hatari" ansehen, dann sind die Tiere die einzigen, die nicht rauchen und trinken. Ich habe aber sehr früh gemerkt, dass das nicht geht und damit aufgehört. Meine Haut ist zu Leder geworden, wie sich das gehört bei einem Menschen, der draußen lebt. Und ich mache Sport, mein ganzes Leben lang.
Was genau?
Krüger: Ich habe früher mal geboxt. Heute nicht mehr, aber aus der Zeit stammt noch das Boxtraining, das mir sehr gut gefällt. Gymnastik. Und ich schwimme jeden Tag. In Kalifornien unternehmen Anita und ich lange Wanderungen in die Canyons.
In der Rückschau aufs Leben - was ist wirklich wichtig?
Krüger: Ich habe auf meinen Reisen viele Menschen kennengelernt. Ich bin neugierig auf sie und habe mich mit Menschen aller Religionen, aller Hautfarben, aller kulturellen Hintergründe angefreundet und teilweise mit ihnen gelebt. Und auf diesen Reisen habe ich gelernt, dass wir alle das Gleiche wollen: geliebt werden und lieben dürfen und gesund sein, Wohlstand haben, sich an einen Gott anlehnen. Das geht jedem von uns so, und mir auch.
Das Reisen hat sich ja in den vergangenen Jahren sehr verändert. Sind Sie der letzte richtige Weltenbummler?
Krüger: Das will ich nicht hoffen. Denn nur, wenn Menschen sich begegnen, kann Schlimmes von dieser Welt abgehalten werden.
Haben Sie konkret eine Reise geplant?
Krüger: Meine Frau Anita, die ja erst Fotografin war und jetzt ebenfalls schreibt, arbeitet an ihrem dritten Buch. Und wenn sie schreibt, können wir nicht reisen. Ich muss dann den Haushalt machen. Sie hat mich 30 Jahre lang abgeschirmt. Jetzt bin ich dran.
Sind Ihnen die USA auch so eine Art Heimat geworden?
Krüger: Heimat ist für mich Berlin und Deutschland und die deutsche Sprache im übergeordneten Sinn. Kalifornien ist Zuhause, aber in Hamburg ist auch ein Zuhause.
Wie kommen Sie mit der politischen Situation in den USA klar?
Krüger: Die ändert sich ja nun Gott sei Dank wieder. Dieser Kriegsverbrecher, wobei das ja nicht nur einer ist, der Cheney ist ja auch einer, hört ja nun auf.
Drücken Sie konkret jemandem die Daumen?
Krüger: Ich darf ja nicht wählen als Deutscher, aber ich würde Obama gern im Weißen Haus sehen. Der ist der Richtige für das Land: Er ist jung, kann denken, ist ein hochintelligenter Kerl, und er kann Menschen miteinander versöhnen. Das ist in Amerika im Moment äußerst wichtig.
Es gab ja einen Bruch in Ihrem Leben, weg vom Film, hin zur Literatur - wie kam es dazu?
Krüger: Das ist andersherum zu sehen. Ich schreibe, seit ich zwölf Jahre alt bin. Ich wollte immer schreiben, Geschichten erzählen. Ende des Krieges wollte mich keiner drucken. Und dann bin ich Schauspieler geworden. Aber ich habe immer weiter geschrieben. Erst als ich 40 war, wurde ein Buch von mir veröffentlicht.
Wie und wo schreiben Sie am liebsten?
Krüger: Am liebsten schreibe ich in Kalifornien in meinem kleinen Bungalow im Wald. Ungestört. Schreiben ist eine Frage der Konzentration.
Sie haben in der Autobiografie "Wanderjahre" gesagt, Sie hätten schon früh einen Traum gehabt: zu schreiben und zu fliegen. Beides haben Sie sich erfüllt, welche Träume sind denn noch unerfüllt?
Krüger: Eigentlich nur einer, aber den werde ich mir vermutlich nicht mehr erfüllen können. Ich wollte immer so gern mal mit zum Mond genommen werden. Und als John Glenn das mit 77 geschafft hat, habe ich gedacht: Vielleicht gibt es noch Hoffnung.
Film hat ja auch mit Träumen zu tun. Sie haben die große Ära des Films miterlebt und mit den großen Stars gedreht. Wie hat sich denn das Showbusiness verändert?
Krüger: Die großen Stars sind für mich in erster Linie immer Menschen gewesen, einige leben leider nicht mehr. Ich habe ja viele Freunde aufgrund meines Alters verloren. Aber es gibt in diesen Jahren wieder neue große Stars und Filme. Zum Beispiel "Das Leben der Anderen" ist ein wunderbarer Film. Als der den Oscar bekommen hat, habe ich mich so gefreut, als wäre es mein eigener Film.
Mit wem haben Sie besonders gerne gedreht?
Krüger: Das kann man so nicht sagen. Sie können Richard Burton nicht mit Jimmy Stewart vergleichen. Ich habe wahnsinnig gerne mit Lino Ventura gearbeitet und Charles Aznavour. Und mit denen habe ich mich auch sehr befreundet. Ich war immer sehr wählerisch und habe dadurch mit hervorragenden Regisseuren, die hervorragende Drehbücher hatten, gearbeitet. Daran denke ich gerne zurück.
Würden Sie denn noch eine Rolle annehmen, wenn das Drehbuch stimmt?
Vita Franz Eberhard August Krüger wurde am 12. April 1928 in Berlin geboren. Als 13-Jähriger kam er auf die Adolf-Hitler-Schule der Ordensburg Sonthofen. Bis 1944 wurde er dort für eine künftige Führungsposition im NS-Staat erzogen. Krüger lebt in dritter Ehe mit der Amerikanerin Anita Park zusammen. Aus den beiden anderen Ehen stammen drei Kinder: Christiane (geb. 1945), Malaika (geb. 1967) und Hardy jr. (geb. 1968).
FILM Bereits 1943 bekam er eine kleine Rolle in dem NS-Film "Junge Adler". In der Nachkriegszeit wurde Hardy Krüger zu einem international bekannten Schauspieler. Er spielte in über 70 Filmen, bekannteste Rollen in: "Hatari!", "Der Flug des Phoenix", "Die Brücke von Arnheim" und "Einer kam durch".
LITERATUR Seit 1970 veröffentlichte Krüger mehrere Romane, Erzählungen und Reiseberichte. Aktuelles Buch: "Auf der anderen Seite der Sonne", Erzählungen, Lübbe, 238 Seiten, 18 Euro