Info-Leck beim Gasunfall in Wülfrath
Störfall: Bürger und benachbarte Unternehmen wurden nach der Chemiepanne nicht rechtzeitig und nicht ausreichend informiert.
Wülfrath. Nach dem Gasunfall am Montag in einem Wülfrather Gewerbegebiet bleiben Fragen offen. Denn während die Stadt und die Freiwillige Feuerwehr von einem Einsatz sprechen, der laut Feuerwehrleiter René Rahner "sehr gut abgelaufen" ist, wird aus der Bevölkerung und von den benachbarten Unternehmen Kritik laut.
Die Informationen über den Austritt des Stoffes Dicyclopentadien bei der Firma Ashland-Südchemie-Kernfest sollen nur spärlich geflossen sein.
"Wir haben die Polizei gebeten, die benachbarten Unternehmen zu informieren. Und mir wurde mitgeteilt, dass das auch geschehen sei", sagt Rahner. Dabei sei das gar nicht die Aufgabe der Polizei. "In einem Schadensfall sind Stadt und Feuerwehr dafür zuständig", so Martin Kastpcik von der Kreisverwaltung.
Hinzu kommt, dass die Polizei von einem solchen Auftrag nichts gewusst haben soll. "Auf Bitten der Feuerwehr haben wir die Aufgabe übernommen, die Presse zu informieren", so Polizeisprecher Ulrich Löhe. "Das haben wir gemacht, so gut wir konnten. Aber auch wir befanden uns im Nirvana und haben kaum etwas erfahren." Erst am späten Nachmittag habe die Feuerwehr mitgeteilt, dass bei unmittelbarem Kontakt "Gefahr für Leib und Leben" bestehe. "Das haben wir dann um 16.30 Uhr sofort veröffentlicht."
Bei dem Einsatz scheint es zu massiven Kommunikationsproblemen gekommen zu sein. Denn während im Nachbarort Velbert-Tönisheide die Feuerwehr am Mittag die Bewohner über Lautsprecher aufforderte, Fenster und Türen zu schließen, erhielten Firmen, die nur wenige Meter vom Unglücksort entfernt liegen, keine Informationen.
"Wie bekommt man in Wülfrath einen Gasunfall mit? Indem man tot umfällt", beschwert sich ein Unternehmer. Bis zum Nachmittag habe er nichts erfahren. Und das, obwohl sich sein Unternehmen im Gefahrenkreis II (bis zu 200 Meter um den Unfallort) befand. Innerhalb dieses Kreises wurden 53 Personen verletzt, darunter sieben Polizisten, mit Atemwegsstörungen und Augenreizungen.
Und auch in Wülfrath selbst gab es keine Durchsagen der Feuerwehr. "Weil der Wind das Gas in eine andere Richtung getrieben hat", so Rahner. Das wussten die Bewohner aber nicht. Von der Hotline erfuhren sie erst am Nachmittag. Und wer bei der Stadtverwaltung anrief, hatte nach Aussagen eines Lesers eine unwissende Dame am Apparat.
Was ist also schief gelaufen? Das weiß Rahner nicht. Um 11.18Uhr sei die Feuerwehr informiert worden. Sofort habe Ashland den Kräften Dokumente übergeben, in denen alles - von der Gefahr, über den Umgang bis zur Beseitigung des ausgetretenen Stoffes - stand.
Um 11.25 Uhr will man Alarm ausgelöst haben. Wenn also um 11.30 Uhr bereits klar war, wie mit der Lage umzugehen ist, warum haben dann viele Bürger nichts erfahren?
Ursache für den Unfall war nach Mitteilung des Unternehmens Süd-Chemie der Bruch einer Überdrucksicherung. Wie es zu dem Ventil-Bruch kam, war jedoch auch am Dienstag noch nicht klar. Die Untersuchungen laufen noch. Inzwischen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Körperverletzung.