Knochen-Job in der Kita

Viele städtische Kindertagesstätten bleiben in diesen Tagen geschlosssen. Die Mitarbeiter klagen über zu hohe Belastungen.

Wuppertal. Zehntausende von Eltern haben ihre Kinder am Freitag nicht wie gewohnt in die Kindertagesstätte (Kita) bringen können. In NRW bleiben die Pforten städtischer Einrichtungen auf unbestimmte Zeit geschlossen. Erzieherinnen und Erzieher protestieren zusammen mit Gewerkschaften gegen eine erhöhte Arbeits- und Gesundheitsbelastung und unrealistische Erwartungen an ihren Berufsstand. Zugleich klagen die Beschäftigten über eine miserable Bezahlung.

Der Kita-Alltag ist alles andere als kinderleicht. Mit einer "Basteltante", die den ganzen Tag mit den Kindern entspannt spielen darf, hat der Erzieher-Beruf nichts gemein.

"Die Arbeitsbelastung hat zugenommen, die Anforderungen sind klar gestiegen", klagt Gabriele Maahn (48), die in Wuppertal die Städtische Tageseinrichtung für Kinder An der Blutfinke leitet. "Die Eltern geben oft ihre Verantwortung ab." Grundlegendes wie Guten-Morgen-Sagen, selbstständiges An- und Ausziehen oder anderen zu helfen, sei nicht mehr selbstverständlich. Viele Kinder müssten sogar noch gewickelt werden.

Viele Erzieherinnen klagen zudem über Rückenschmerzen - vom vielen Bücken-Heben-Tragen-Räumen. "Wir kriechen doch nur noch auf allen Vieren", schimpft Erzieherin Rita Gabriel. Und wenn sie sich zu den Kinder setzen, müssen sie sich auf die Mini-Stühle quälen. Der ständige Lärm sei "Stress pur".

Eine Kollegin ergänzt: "Bei fast 30 Kindern in der Gruppe überschreit ein Kind das andere, was glauben Sie, was da täglich bei uns los ist?" Mehr als 100 Dezibel seien in einer Kindertagesstätte keine Seltenheit, bestätigt Verdi-Vorsitzender Frank Bsirske - solch einen Krach mache ein startender Düsenjet. Angesichts solcher Bedingungen könne sich kaum eine ihrer Kolleginnen vorstellen, "bis zur Rente durchzuarbeiten", sagt Gabriele Mahn.

Verständnis für die Anliegen der Streikenden äußerte am Freitag Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU). Sie verlangte eine bessere Bewertung des Erzieher-Berufs. Von der Leyen plädierte für eine bessere Bezahlung sowie bessere Aufstiegs- und Karrierechancen für Erzieherinnen.

"Mit dem Ausbau der Kinderbetreuung muss auch eine bessere Qualität einhergehen", sagte die Politikerin. Die Arbeitgeber hielten den Arbeitnehmervertretern dagegen vor, es gehe ihnen gar nicht um Gesundheitsschutz, sondern alleine um bessere Bezahlung. Der geforderte Gesundheitstarifvertrag für Erzieherinnen liege erst wenige Wochen auf dem Tisch. "Die Arbeitgeber haben zu keinem Zeitpunkt erklärt, über den Gesundheitsschutz nicht verhandeln zu wollen", erklärte Manfred Hoffmann, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA).

Verdi-Chef Bsirske hat eine Ausweitung der Kita-Streiks am Montag auch auf andere Bundesländer wie Bayern und Niedersachsen angekündigt. "Wir haben einen langen Atem", sagte er am Freitag am Rande einer Protestkundgebung in Köln mit mehr als 2.000 Erzieherinnen.