Mal eben das Leben umgekrempelt
Die Sängerin Annett Louisan bastelt an Liedern und am Selbstgefühl: „Jetzt bin ich angekommen.“
Bonn. Ist sie´s oder ist sie´s nicht? Sie ist es. Aber man erkennt Annett Louisan erst auf den zweiten Blick. Die weißblonde Wallemähne ist ebenso verschwunden wie der Alabaster-Teint. Die 31-Jährige trägt jetzt ihre Naturhaarfarbe ("Der Friseur sagt, es wäre dunkelblond"), fransig geschnitten und nur knapp schulterlang. Dazu ist sie so gebräunt, als käme sie gerade aus dem Urlaub.
"Urlaub? Ist leider nicht. Eigentlich wollte ich für ein paar Tage nach Paris, für ein verlängertes Wochenende, aber das bekomme ich nicht geregelt, dafür ist zu viel zu tun." Statt Café au lait an der Seine zu trinken, hat sie die vergangenen Wochen im Studio verbracht: "Das neue Album soll im Oktober erscheinen."
Wie es heißt, verrät die wieder natürlich Erblondete nicht. Sie hat mit ihrem bewährten Team an der CD gearbeitet, unter anderem mit dem Texter Frank Ramond, der ihren deutschen Chansons sprachlich den Louisan-typischen, frechen Kick verleiht: "Wir liegen in den letzten Zügen, sind fast fertig. Es hat mich überrascht, dass das alles so schnell und glatt ging. Aber wenn’s rollt, dann soll’s rollen. Dann muss man die Kreativkräfte, die da wirken, auch ausnutzen."
Zurzeit ist die zierliche, gerade mal 1,52 Meter große, aber gar nicht zerbrechliche Mädchenfrau wieder auf Tour, am Samstag gastiert sie in Bonn. Zwischen großer Tournee und neuem Album hat sie auch noch ihr Leben umgekrempelt. Alles neu, alles anders.
Nach der Trennung von ihrem Mann Gazi ist sie im Juni von der Elbe an die Spree gezogen. "Ich hab schon ewig davon geredet, das zu tun. Jetzt hab ich’s getan. Berlin liegt mitten im Herzen von Europa, es verbindet Ost und West, und das, was da kulturell abgeht, ist fantastisch. Ich lebe in Kreuzberg und genieße es, durch die Clubs zu ziehen und Künstler auf der Bühne zu erleben, die gerade frisch geschlüpft sind."
Weil Berlin so international ist, sagt sie, sei es kein Problem, über die Straße zu gehen, ohne um Autogramme gebeten zu werden. Auch das genießt sie. Sie wirkt gereifter, nicht nur wegen der Lachfältchen in den Augenwinkeln.
"Es ist schon ein Unterschied, ob man 25 oder 35 ist. Am Anfang war das alles, die erste Platte, der Erfolg, sehr verwirrend für mich. Ich konnte das gar nicht so richtig genießen. Jetzt kann ich das. Jetzt bin ich angekommen, ich stehe zu mir selbst."