Mit Hunden allein im weiten Eis
Sebastian Schnuelle, Schlittenhund-Führer aus Wuppertal, fährt beim Yukon Quest vorne mit.
Whitehorse/ Wuppertal. Sie heißen Nemo, Popcorn, Grisman, Scruggs und Bonzo und sind die großen Stars beim Yukon Quest, dem härtesten Schlittenhunderennen der Welt. Die Huskies haben auch einen Boss.
Der heißt Sebastian Schnuelle, stammt aus Wuppertal und ist vor zwölf Jahren nach Kanada gezogen. Unweit des Polarkreises, wo sich im Winter alles auf das Wesentliche konzentriert, ruft man ihn nur "Sab". "Das ist eine erfahrene Gang", sagt der 39-Jährige Lenker (Musher) des Hundesgespanns über seine 14 Weggefährten.
Nur die stärksten Tiere mit der größten Ausdauer hat Schnuelle ausgewählt, zusammen bilden sie eine verschworene Gemeinschaft. Minus 25 Grad zeigt das Thermometer in den langen Nächten, wenn nur die Sterne und die Stirnlampe des Fahrers die Strecke ausleuchten. Für den Naturburschen, eingepackt in seinen roten Parka, mit riesengroßen Biberfellhandschuhen und Eisklumpen im Bart, kein Problem.
Für seine Alaskan Huskies erst recht nicht. Von Zeit zu Zeit weist Schnuelle seine Leithunde mit einem ein lauten "Hua" (links) oder "Gee" (rechts) in die richtige Richtung, wenn sich der Weg teilt. Ansonsten genießt der Deutsche die Einsamkeit und das perfekte Teamwork. "Ich habe die Hunde darauf trainiert. Jeder weiß, was er zu tun hat. Ich rede oft stundenlang nicht mit ihnen."
Bislang läuft es am Yukon rund für den Wahl-Kanadier. Nach den ersten Etappen liegt er unter 29 Gespannen in der Spitzengruppe. Dabei sollte die Teilnahme an seinem fünften Quest eigentlich nur eine zusätzliche Trainingseinheit sein, um beim Iditarod-Rennen Anfang März um das dicke Preisgeld mitzufahren.
Abenteuergeist allein ist es nämlich nicht, was Schnuelle und seine Konkurrenten antreibt. Denn die 14 Hochleistungssportler vor dem Schlitten wollen schließlich versorgt werden - 15.000 Kalorien verbraucht ein Hund pro Renntag, da kommen schnell 20 Kilo Fleisch und Trockenfutter zusammen. 50.000 Dollar gibt Schnuelle pro Jahr nur für seine knapp 70 Hunde aus. Nur mit Schlittenhundetouren für Touristen bekommt er das Geld dafür nicht zusammen.
Doch das Preisgeld (2008 bekam der Sieger 35.000 Dollar) ist hart erkämpft. Bringt der 1,84 Meter-Mann beim Start mit Schuhen 93 Kilo auf die Waage, sind es am Ende zehn Kilo weniger. Denn auch dem Musher geht das Rennen an die Substanz. Schon allein, weil er in schwierigem Gelände manchmal kilometerweit neben dem Schlitten herläuft, um die Hunde zu entlasten: "Das ist knüppelhart."
Hinzu kommt das Schlafdefizit. Denn den Mushern bleiben an den Kontrollpunkten selten mehr als zwei Stunden Ruhe, nachdem sie ihre Hunde gefüttert haben. "Man brauchte einen starken Willen und eine große Leidensfähigkeit, um das Ziel in Fairbanks zu erreichen", sagt Schnuelle. Und da wollen "Sab", Popcorn und der Rest der Gang unbedingt hin.