Raumfähre: Die letzte Reise der „Buran“
Das russische Shuttle wird auf dem Rhein zum Technik-Museum Speyer gebracht.
Wesel/Krefeld. "Mama, da schwimmt ein Raumschiff auf dem Rhein!" Der siebenjährige Henning passiert gerade im Auto mit seiner Mama die Weseler Rheinbrücke. Ruth Peters weiß, dass ihr Sohn äußerst phantasie-begabt ist und gerne seine Scherze mit ihr treibt. Die Duisburgerin guckt deshalb erst gar nicht auf den Strom - und verpasst eine Sensation. Tatsächlich wird die ausgemusterte russische Raumfähre "Buran002" mit einem Lastenponton auf dem Wasserwege in ihr neues Domizil, das Technik-Museum Speyer, gebracht. Gestern Abend machte das Frachtschiff in Uerdingen fest. Heute früh geht es über Düsseldorf weiter nach Köln-Deutz.
Die Geschichte des historischen Raumgleiters, der den US-Shuttles zum Verwechseln ähnlich sieht, ist abenteuerlich. 1988 war die 17 Meter hohe und rund 36Meter lange "Buran" (deutsch: Schneesturm) noch in Diensten der Sowjetunion vom Weltraumbahnhof Baikonur in die Umlaufbahn geschossen worden - allerdings ohne Kosmonauten: Das Shuttle mit einer Flügelspannweite von 24 Metern wurde automatisch vom Boden ferngesteuert und landete nach zwei Erdumrundungen wieder sicher in Baikonur. Dazu wurden noch 25 Testflüge in der Atmosphäre absolviert, bevor das Shuttle-Programm 1993 aus Kostengründen eingestellt wurde. Im All war die "Buran 002" nie, sie diente der sowjetischen Raumfahrtbehörde als Erprobungsmodell.
Die "Buran" gleicht verblüffend der US-Konkurrenz. Gerüchten zufolge basierte ein Großteil der Konstruktion auf Werksspionage, es gibt aber auch gravierende technische Unterschiede. Der Orbiter bot Platz für bis zu zehn Kosmonauten und hätte bis zu 30 Tage im All bleiben können.
Während der Olympischen Spiele 2000 wurde die ausrangierte Raumfähre nach Sydney und anschließend in den Wüstenstaat Bahrain verschifft. Dort wurde der Orbiter im Herbst 2003 von einem Düsseldorfer Fernsehteam, das eigentlich wegen des Formel-1-Rennens dort war, entdeckt. "Ich hatte einen Tipp bekommen, dass das Shuttle im Hafengelände liegt", erzählt TV-Produzent Chris Maier. "Es lag wohl schon länger dort, ohne dass sich jemand dafür interessiert hat", so Maier.
Eine Agentur aus Singapur hatte die Raumfähre von dem russischen Unternehmen NPO Molniya geleast und nach Bahrain geschafft , wo sie ebenfalls im Rahmen eines großen Sportfestes ausgestellt werden sollte. Dazu kam es aber nicht: Wegen eines Rechtsstreits um die Leasingraten lag die "Buran" im Hafen fest.
Konkurrenz Der Raumgleiter "Buran" ist das Relikt eines ambitionierten sowjetischen Raumfahrt-Programms. Ab Mitte der 1970er Jahre sollte ein wiederverwendbares Raumschiff gebaut werden, um mit den Amerikanern gleich zu ziehen. Am 15. November 1988 hob das erste sowjetische Space-Shuttle zu einem unbemannten Jungfernflug ab. Es sollte zugleich der letzte Flug der Fähre sein, weder der Bordcomputer noch die Lebenserhaltungssysteme funktionierten richtig. Mit dem Zerfall der Sowjetunion versiegten 1993 auch die Geldmittel für das Programm.
Original "Es gab vier Prototypen der Buran", berichtet Andreas Schütz, Raumfahrtexperte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. "Das Original-Raumschiff wurde beim Einsturz des Hangars im russischen Raumfahrtzentrum Baikonur zerstört." Bei der künftig in Speyer ausgestellten "Buran" handelt es sich um das Modell "BTS-02", eine genaue Kopie des Originals. Ein zweites Modell befindet sich im Moskauer Gorki-Park.
Transport Der Lastenponton ist mit einem Tempo von zehn Kilometern unterwegs. Gestern Abend legte die Raumfähre in Uerdingen an. Heute früh geht es um 7 Uhr nach Köln-Deutz weiter. Gegen 9 Uhr dürfte die Oberkasseler Brücke in Düsseldorf erreicht sein, um 10 Uhr die Südbrücke und gegen 13 Uhr wird Monheim passiert.
Tipp Wer sich das Spektakel nicht entgehen lassen will, kann sich die aktuelle Position der "Buran" auf dem Rhein auf der Internetseite des Technik-Museums Speyer anzeigen lassen. Es ist eine GPS-Ortung an Bord.