Sabrina Setlur lässt es wieder krachen
Die Rapperin bringt nach fünf Jahren Pause eine neue Single heraus: „Ich kann nur schreiben, wenn ich Wut habe.“
Düsseldorf. Die blonde Sexbombe, das nette Mädchen von nebenan, die freche Göre oder die engagierte Künstlerin - ohne das richtige Image läuft gar nichts im Musikgeschäft. Als Sabrina Setlur 1995 als Schwester S die Bühne betrat, waren HipHop und Rap in Deutschland weitestgehend mit der harmlosen Spaßfraktion der Fantastischen 4 besetzt. Frauen? Fehlanzeige! Und eine, die im stilisierten Frankfurter Ghetto-Slang die übelsten Wörter rausschreit, gab’s schon gar nicht.
Die Fans schlossen die damals 21-Jährige daher schnell ins Herz, denn HipHop lebt schließlich von der "Glaubwürdigkeit der Straße". Setlur rappte Verse wie "Es könnt’ mich nicht weniger interessieren ob du tot bist oder lebst/ob du gesund bist oder krank/ob du Krebs hast oder Aids/mir geht’s am Arsch vorbei, du Wichser reißt mein Herz entzwei." ("Du liebst mich nicht"). Wen das nicht gleich nötigte, die Stopp-Taste zu drücken, der nahm der stets etwas mürrisch dreinblickenden Frau den Tonfall ab.
Setlur besetzte eine Image-Lücke im deutschen Musik-Zirkus und hatte Erfolg damit. Doch dann machte sie, die inzwischen unter ihrem richtigen Namen auftrat, Anfang 2001 Schlagzeilen als neue Freundin von Boris Becker. Und man sah sie in elegantem Abendkleid auf den oten Teppichen flanieren, bei diversen Society-Veranstaltungen und in Talkshows. Die Beziehung hielt nicht lange an, doch das Interesse der Medien war geweckt.
Und siehe da: Sabrina Setlur, inzwischen knapp 30, gab sich größte Mühe, in Interviews als ernsthafte Künstlerin zu überzeugen. Sie zeigte sich wortgewandt und gebildet und klang überhaupt nicht mehr wie der Rotzlöffel von einst.
War ja auch logisch, weil sie erwachsener geworden war. Nur in ihren Songs ließ sie es nach wie vor krachen, war aggressiv wie eh und je. Sie müsse erst genügend Wut anstauen, um ihre Texte zu schreiben, erklärte Setlur in einem Interview mit dem NDR. "Das Schreiben ist mein Ventil, mich zu therapieren. Andere Menschen töpfern, ich schreibe. Und je ehrlicher ich bin, desto besser fühle ich mich anschließend", sagte sie. "Beim Schreiben bin ich nicht zurückhaltend, vorsichtig oder misstrauisch", deshalb gehe ihre Musik "direkt in die Fresse".
So, so. Angenommen, dieser Teil stünde tatsächlich für sie selbst, und die elegante Frau wäre nur eine aufgesetzte Rolle, dann muss ihre Psyche in den letzten Jahren stark gelitten haben. Fünf Jahre hat Sabrina Setlur kein Album mehr heraus gebracht, sich seelisch und verbal nicht mehr erleichtern können. So sagte sie gerade der Zeitschrift "Vanity Fair": "Ich war müde und habe mir Hilfe beim Psychiater geholt."
Jetzt gehe es ihr besser. Klar, erscheint doch heute ihre neue Single "Lauta" und bald auch das dazugehörige Album "Rot". Und zumindest auf der Single ist sie musikalisch auch poppiger als auf den Vorgängern, wimmelt es mal wieder von Ausdrücken wie "Shit" und "Arsch", dass man erschrickt, wenn sie sich immer noch über diese Texte definiert.