Straßenbeleuchtung: Das Handy knipst die Laterne an

Die Stadt Lemgo testet eine Geschäftsidee: Für 50 Cent plus die SMS-Gebühr wird es nachts für eine Viertelstunde hell.

Lemgo. In Deutschlands Städten geht das Licht aus. Viele Kommunen sind in den Miesen, daher schalten sie mit Vorliebe in den Vororten die Straßenbeleuchtung früher ab. Im lippischen Lemgo wollen die Menschen aber nicht länger im Dunkeln tappen, sie haben eine Erleuchtung - buchstäblich: die SMS-Laterne. Per kostenpflichtiger Kurzmitteilung vom Handy gehen im Lemgoer Stadtteil Dörentrup die Lampen wieder an, bisher nur auf einer zweieinhalb Kilometer langen Teststrecke. Den Bürger kostet die Erleuchtung 50 Cent, die Stadt nichts. "Es ist ein völlig neuer Geschäftszweig", schwärmt Dieter Grote von einer örtlichen Werbeagentur, der die Idee hatte. Denn das Interesse anderer Kommunen ist groß. Es habe Kontakte zu Essen, Köln und dem Ruhrgebiet gegeben, erzählt Grote. "Angefragt haben jede Menge Städte." "Dial4Light" (Wähle für Licht) haben die Lemgoer ihre Idee genannt. Doch sie wollen kein falsches Signal aussenden: Es sei nicht geplant, dass die Kommunen nun überall früher die Lichter ausgehen lassen, sondern es handele sich um eine "Ergänzung" für Vororte und den ländlichen Raum. "Die Leute sind bereit, dafür einen gewissen Obolus zu entrichten", vermutet Renate Dalbke, Marketingleiterin der Stadtwerke. Die Kommen müssen sparen - und schalten das Licht ab Die Finanznot treibt immer mehr Städte dazu, die Lichter früher auszuschalten, bestätigt Martin Lehrer, Sprecher des Städte- und Gemeindebundes. "Es ist schon ein genereller Trend. Überall wird der kommunale Haushalt auf Sparmöglichkeiten abgeklopft." Entscheidend für Lemgo ist die Sicherheit der Bürger auf zuvor dunklen Straßen, aber auch unbeleuchtete Fußballplätze könnten künftig in hellem Licht erstrahlen. "Die Jogger laufen da mit Grubenlampen herum", beschreibt Grote. Die Größenordnung des neuen Geschäfts ist noch unklar. Aber die Lemgoer Stadtwerke wollen mit der Idee auch Geld verdienen. Und das Prinzip ist ganz einfach: An der Teststrecke, einer Straße mit Rad- und Fußweg in Dörentrup, werden die Signale des Handys über ein Modem in den Verteilerschränken an die Laternen weiter gegeben. Für eine Viertelstunde haben die Bürger dann Licht. Die Nutzer müssen sich mit ihrem Handy bei den Stadtwerken registrieren lassen und für den Strom bezahlen. Im derzeitigen Probebetrieb sei dies nicht möglich, aber "wir haben eine entsprechende Plattform wegen des Handyparkens", erklärt Dalbke. Die Erleuchtung per SMS greift um sich: Ein Gastwirt in Hohenhausen bei Kalletal (Lippe) will seine Gäste bei Bedarf mit einer erleuchteten Straße erfreuen. Und es gibt weitere Einsatzmöglichkeiten, Denkmäler könnten beleuchtet werden oder Taxifahrer ihren Kunden bis zur Haustür buchstäblich heimleuchten. www.dial4light.de www.stadtwerke-lemgo.de KOMMENTAR: Es werde LichtVon Michael Hammes Wir alle zahlen immer mehr Steuern, bekommen dafür aber immer weniger und müssen sogar jede Menge Extra-Gebühren zahlen: für den neuen Pass, das Aufgebot, den Doppelnamen der Ehefrau usw. Jetzt kassiert die erste Stadt für die Straßenbeleuchtung. Bisher dachte ich, jeder müsste alleine aus versicherungstechnischen Gründen dafür sorgen, dass in der Dunkelheit Haus und Hof ausreichend beleuchtet sind, damit sich niemand verletzen kann. Gilt das für eine Stadt nicht? Und was ist mit meiner Oma? Die will partout kein Handy, und erst recht nicht dafür zahlen. Und bis die ihre Kurznachricht fertig getippt hat, ist es sicher längst wieder hell. NACHTBELEUCHTUNG IN DER REGION Rhein-Kreis Neuss Grevenbroich und Kaarst lassen die Straßenbeleuchtung die ganze Nacht über brennen. Grevenbroichs Stadtsprecher Norbert Häke: "Die Sicherheit geht vor. Einer Frau, die allein unterwegs ist, kann niemand zumuten, über dunkle Straßen und Wege zu gehen." In Kaarst wird mit Energiesparlampen in den Laternen gespart. In Neuss wird nur in Industrie- und Gewerbegebieten um 23 Uhr das Licht ausgeschaltet. In Wohngebieten ist es die ganze Nacht hindurch hell. Dabei sind in den Laternen immer nur eine von zwei installierten Leuchten aktiv - Sparlampen, die nur jeweils 18 Watt verbrauchen. In einigen Ortsteilen von Meerbusch wird dagegen ab 1.30 Uhr die Straßenbeleuchtung ganz abgeschaltet. Die Stadt will damit Stromkosten sparen. "Die Kriminalität ist bisher nicht merklich gestiegen”, heißt es aus dem Rathaus.