Terrorprozess: JVA-Seelsorger entgeht Beugehaft

Das Bundesverfassungsgericht zwingt einen 45-jährigen Geistlichen zur Aussage.

Wuppertal/Düsseldorf. Mit den Worten "Ich stehe nicht über dem Recht", hat ein Gefängnis-Seelsorger (45) gestern sein monatelanges Schweigen gebrochen und eine mehrmonatige Erzwingungshaft vermieden. Der katholische Gemeindereferent war bereits im September 2006 im Prozess gegen drei mutmaßliche El-Kaida-Terroristen vom Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf als Zeuge geladen worden. Seinerzeit hatte er nur teilweise ausgesagt, sich ansonsten auf sein Schweigerecht als Seelsorger berufen. Damit war es gestern vorbei. Hintergrund: Anfang der Woche hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Seelsorger aussagen muss, und dass eine vom OLG angedrohte Beugehaft rechtens ist. Daraus zog der Seelsorger seine Konsequenzen und beantwortete die Fragen des Gerichts. Dabei ging es darum, ob der Seelsorger für einen der Angeklagten Adressen von Versicherungen im Internet recherchiert hat. Der 45-Jährige bejahte diese Frage. Er habe dem Untersuchungsgefangenen damit zu seinem Recht verhelfen wollen, Briefe zu schreiben, sagte er: "Das ist alltägliche Praxis." Gegen den Seelsorger, der nach wie vor seinen Dienst in der JVA Wuppertal versieht, wurde nie ermittelt. Anwalt spricht von einem schweren Schlag gegen die Gefängnisseelsorge Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche hielt sich gestern mit Kommentaren zurück. Das Erzbistum Köln verwies erneut darauf, dass man dem Seelsorger mit Beginn der Diskussion freigestellt habe, eine Aussage zu machen oder nicht. Rechtsanwalt Michael Kaps kommentierte die vom Bundesverfassungsgericht erzwungene Aussage seines Mandanten deutlicher: "Das ist ein schwerer Schlag für die Seelsorge im deutschen Strafvollzug." Die drei Angeklagten stehen seit Mai 2006 vor dem OLG. Laut Anklage wollten sie über einen großangelegten Versicherungsbetrug mehrere Millionen Euro erschwindeln und das Geld dann der Terrororganisation El Kaida zukommen lassen. Ein Ende des Prozesses ist derzeit nicht in Sicht.