Tschitschapeng überwindet Grenzen
Die Band der Rheinischen Schule für Körperbehinderte feiert am Mittwoch ihr zehnjähriges Bestehen mit einem Konzert in Gladbach.
Mönchengladbach. Christian (21) erzählt munter drauflos. Er sitzt da, will noch gar keine Musik machen, er möchte jetzt viel lieber etwas erzählen. Unsicher schaut er seine Schulkameraden mit eingezogenem Kopf an. "Komm, wir fangen an zu spielen", sagt Lehrer Georg Sehrbrock (48) und Leiter der Schulband Tschitschapeng. Christian ist das egal. Er lässt sich nicht beirren und umarmt Sehrbrock erst einmal ausgiebig. So ist es manchmal bei den Proben der außergewöhnlichen Band - doch niemanden stört das.
Hinter seinem Rücken sagen manche "Behindi", wenn Christian morgens mit dem Linienbus fährt. "Die sind nicht normal", denken die über solche Menschen. Dass man mit ihnen zusammen etwas erarbeiten kann - undenkbar. In der Rheinischen Förderschule für Körperbehinderte im Gladbacher Stadtteil Rheindahlen sagt niemand "Behindi".
"Wenn Christian die Energie nutzt, die in seinem Körper steckt, wenn er Musik macht, dann ist absolut keine Behinderung zu erkennen", sagt Sehrbrock. Er ist sich sicher, dass Christian ohne seine Behinderung "sicher ein ganz großer Musiker geworden wäre".
Vor zehn Jahren gründete der 48-Jährige mit Schülern die Band Tschitschapeng. Inzwischen ist das Projekt längst über eine bewegungstherapeutische Maßnahme zum Abbau von Aggression und Spannung hinausgewachsen. "Tschitschapeng ist aus der Welt der Behindertenveranstaltungen herausgetreten und spielt bundesweit auf Festivals und in kleinen Clubs", sagt Sehrbrock.
Die feinmotorischen Fähigkeiten der Akteure, die bemerkenswerte Differenziertheit, das bestens ausgebildete Taktgefühl und die großartige Gemeinschaftsleistung lassen vergessen, dass hier Menschen Musik machen, die mehrfach schwerstbehindert sind.
"Mit diesen Leuten zu proben, hat etwas ganz Besonderes. Denn ihnen geht es nur um die Musik. Jegliche Eitelkeit ist ihnen fremd", sagt Sehrbrock. In der Gemeinschaft der Band haben sie die Chance, der Welt zu zeigen, was sie können. Das erlebt auch Fee (17) so. "Wenn ich auf der Bühne stehe, vergesse ich alles um mich herum, dann werde ich eins mit dem Rhythmus und sehe niemanden im Publikum".
Grenzen überwindet die Band auch, wenn sie wieder mit berühmten Gastmusikern wie den Sängerinnen von The Chapters, Gitarrist Ralf Aussem, Saxophonist Johannes Seidemann oder BAP spielen, die sich alle schon vom Sound der jungen Musiker haben anstecken lassen.
Info: Das Jubiläumskonzert ist am Mittwoch um 20 Uhr im Cafe Message Mönchengladbach, Sopienstraße. Dann wird die neue CD "zehn" mit selbst komponierten Songs vorgestellt.