Werbung: „Italiener kaufen Schiedsrichter“
Die Elektronikkette Media Markt zieht einen Spot mit Olli Dittrich nach scharfen Protesten aus Italien zurück.
Düsseldorf/Rom. Der Kerl wuselt derzeit mehrmals am Abend über den Bildschirm: Die Werbefigur trägt Schnauz und Gel-Frisur, eine affige Sonnenbrille und ein feistes Goldkettchen auf der schwarz gelockten Brust - ein Italiener, wie er im Klischee-Bilderbuch steht. Toni hat ihn die Hamburger Werbe-Agentur Kempertrautmann der Elektronikkette Media Markt genannt, was sicher nicht zufällig an den italienischen Nationalstürmer und Bayernspieler Luca Toni erinnert.
Zur bald beginnenden Fußball-Europameisterschaft passe die Toni-Figur am besten ins Kampagnen-Konzept, heißt es bei Media Markt. In vier Spots präsentiert sich der Italiener, gespielt vom Komiker Olli Dittrich, durchgängig als Fußballfan und schmieriger Möchtegern-Casanova.
Manchmal referiert er auch über die Unterschiede zwischen Menschen diesseits und jenseits der Alpen: "Die Deutschen kaufe Lappetoppe, die Italiener kaufe Schiedsrichter." Schief grinsend schiebt er rasch noch ein "Kleine Scherz" hinterher.
Damit kann man in Deutschland vielleicht ein müdes Lächeln ernten, zumal wenn man an all die Fußball-Schiebereien und Polit-Skandale auf dem Stiefel denkt. Damit kann man aber auch richtig Ärger bekommen - mit den Italienern nämlich.
Denn sie fassen die Reklamefilme, die nur in Deutschland laufen, als gemeine Beingrätsche auf. Als "rassistisch" und "polemisch" bezeichnen die Zeitungen "La Repubblica" und "Corriere della Sera" die Werbekampagne. "Falscher Toni beleidigt Italien" oder "Die Deutschen entstauben alte Klischees", wettern die Überschriften.
Auch Politiker winken schon mit der roten Karte. Der frühere Justizminister Pierro Fassino von der linken Partito Democratico, der üblicherweise als sehr besonnen gilt, empört sich: "Diese Spots beleidigen nicht nur Italien, sondern auch die vielen Italiener, die in Deutschland leben und jeden Tag zum Wachstum und Wohlstand dieses Landes beitragen."
Es gebe eine Diskussion in Italien, gibt eine Sprecherin von Media Markt auf Anfrage zu, "vereinzelt haben sich auch Italiener in Deutschland beschwert." Dass Italiens Botschafter in Berlin, Antonio Puri Purini, einen Protestbrief geschrieben hat, will sie nicht kommentieren.
Eine Abgeordnete der moderat-linken Demokratischen Partei, die die Auslandsitaliener im römischen Parlament vertritt, ruft ihre Landsleute zum Boykott der Media Märkte auf. Die Kette überschreite "die Grenze zur Beleidigung".
Das Elektronik-Unternehmen, das auch in Italien Märkte betreibt, erklärt verschreckt, man habe keinesfalls die Italiener beleidigen wollen. Toni sei - wie die anderen sieben Figuren in der Konzern-Werbung - eine humoristische Übertreibung. Der Spot mit dem "Schiedsrichter"-Spruch wurde aber umgehend aus dem Programm genommen. Die anderen drei Toni-Szenen laufen weiter.
Ausgerechnet der unfreiwillige Namensvetter Luca Toni wird herangezogen, die Gemüter seiner Landsleute zu beruhigen. Die Deutschen hätten ihn immer freundlich und mit Respekt behandelt, zitiert ihn der "Corriere della Sera". Und er erinnert an die Sticheleien deutscher Medien über "Pizza-Petzen" und verwöhnte Mamma-Söhnchen während der Fußball-WM 2006. Die Antwort kam im Halbfinale, die Italiener fegten die Deutschen vom Platz und wurden danach Weltmeister. Toni: "Die Deutschen werden uns auch diesmal Glück bringen."