Wieso die Bäume schon braun werden
Die Hitze hat in den Wäldern Spuren hinterlassen. Pflanzen, die ihre Blätter abwerfen, sind aber noch nicht abgestorben.
Münster. Viele junge Baumkulturen haben durch die anhaltende Trockenheit in Nordrhein-Westfalen bereits schwere Schäden erlitten. Vor allem am Niederrhein gibt es nach Auskunft von Wald und Holz NRW einzelne Ausfälle von bis zu 95 Prozent. Regionalförster hätten auf eine Abfrage in den rund 300 Revieren hin auch aus dem Münsterland und Teilen des Ruhrgebiets erhebliche Dürreschäden gemeldet, hieß es.
Selbst im feuchten, moorigen Dämmerwald bei Wesel werfen die Lärchen die Nadeln ab. Im Nierstal bei Mönchengladbach verlieren Eichen und Buchen ihre Blätter und Früchte, weil ihre Wurzeln nicht die rettende Tiefe wasserführender Bodenschichten erreichen. Auch bei Nottuln im Münsterland sind Traubeneichen und Hainbuchen nahezu komplett vertrocknet, meldet der Landesbetrieb.
In Bochum-Werne im Ruhrgebiet habe nach dem Bericht eines Försters eine Buche erst Herbst und dann Frühjahr gespielt und neu ausgetrieben. Offenbar sei diesem Phänomen ein kurzer Regen vorausgegangen. „Wir erleben einen Vorgeschmack auf den Klimawandel. Es gibt aber keine Erfahrungswerte dafür, weil es die Situation so noch nie gab. Sie ist auch für die Förster neu“, erläuterte Wald-und-Holz-Sprecher Michael Blaschke auf Anfrage.
Insgesamt sei die Lage noch nicht so dramatisch, wie auf den ersten Blick befürchtet werden könne. „Bäume sind schlau: Wenn sie merken, dass die Energieverluste zu hoch werden, schmeißen sie die Blätter ab. Das Wachstum wird aufs nächste Jahr verschoben. Dann treiben sie oft wieder aus. Die Birke ist da ein gutes Beispiel“, erklärte Blaschke weiter.
Vielerorts ragten zwar Birken mit braunem und verdorrtem Blattwerk aus den gebeutelten Baumbeständen, und der Boden liege schon voller Laub. „Das heißt aber nicht, dass wir die Bäume verloren geben müssen. Vielfach leiten sie die restliche Feuchtigkeit in ihre Stamm- und Wurzelbereiche und sparen dadurch Kraft auf“, sagte Blaschke.
Alte Bäume hätten es mit ihren tiefreichenden Wurzeln dabei deutlich leichter als junge Kulturen. Ob ein Baum während der derzeitigen Trockenphase wirklich abgestorben sei, werde sich erst nächstes Jahr zeigen. Die meisten würden nach dem Hitzesommer 2018 vermutlich lediglich einen dünneren Jahresring ausbilden.
Langfristig sehen sich die Waldbauern aber vor der Mammutaufgabe, den Wald trotz der Auswirkungen des Klimawandels zu erhalten. Dazu sollten die Wälder mit robusten Arten und neuem Saatgut umgebaut und fitgemacht werden. „Das bedarf einer riesigen Anstrengung“, sagte Blaschke. dpa/lnw