Natur im seltenen Dürre-Kleid

Seit Wochen regnet es kaum. Das sieht man vor allem an Bäumen und Sträuchern: Blätter fallen und Platanen „häuten“ sich.

Foto: Niersverband

Kempen/Grefrath. In vielen Städten — auch in Kempen — bietet sich derzeit ein ähnliches Bild: Viele Bäume verlieren große Teile ihrer Rinde. Muss man sich deshalb Sorgen machen? Nein, nicht bei Platanen, wie der auf dem Kirchplatz in der Altstadt:. „Das Abwerfen der Rinde ist ein ganz normaler Vorgang“, erklärt Birgit Königs, Sprecherin des Naturschutzbundes (Nabu).

Foto: Kurt Lübke

Der Vorgang passiere derzeit deutschlandweit. Experten sprechen von einer Art Häutung der Bäume. Dies ist in diesem Sommer aber besonders auffällig, weil die Bäume in diesem Jahr gut gewachsen seien, so der Nabu. Anders als in den vorherigen Jahren sei in diesem Jahr außerdem der Regen ausgeblieben, der die alte Platanenrinde sonst langsam abspüle.

Foto: Kurt Lübke

Mit der anhaltenden Dürre hat der Verlust der Rinde also nichts zu tun. Es gebe lediglich die beschriebene Beschleunigung des Vorgangs. Platanen können nach Angaben des Naturschutzbundes sogar besser mit dem Wetter umgehen als andere Bäume. „Deshalb stehen sie auch viel in den Städten“, erklärt Birgit Königs.

Für viele andere Bäume und Sträucher ist die Trockenheit aber sehr wohl ein Problem. Zum Beispiel für Buchen oder Birken, die durch die anhaltende Trockenheit bereits ihre Blätter abwerfen. „Bevor der ganze Baum stirbt, wirft er Blätter ab. Das ist ein Schutz vor dem Verdursten“, sagt Birgit Königs. Wenn sich solch eine Dürre über mehrere Sommer fortsetzen würde, kann dies laut Königs zum Absterben eines Baumes führen.

Die Kommunen jedenfalls haben arg zu kämpfen, um die öffentlichen Grünanlagen in diesem Sommer zu erhalten. Die Gemeinde Grefrath und die Stadt Kempen bitten aufgrund der langanhaltenden Trockenheit um Unterstützung bei der Bewässerung von öffentlichen Grünflächen. „So wäre es hilfreich, wenn die Bürgerinnen und Bürger bei der Bewässerung des eigenen Gartens auch beispielsweise die Baumbeete im Straßenraum oder die Pflanzungen des benachbarten Grünzuges gießen würden“, teilt die Stadt Kempen mit.

Die Mitarbeiter der Bauhöfe in Kempen und Grefrath seien mit allen verfügbaren Mitteln im Einsatz, um die Pflanzen mit Wasser zu versorgen. Nach Angaben der Stadt Kempen sind Pflegearbeiten aufgrund der trockenen und harten Bodenverhältnisse kaum noch möglich. Daher konzentriere sich der Bauhof auf die Bewässerung. In Kempen würden täglich 70 000 Liter Wasser in den öffentlichen Grünanlagen vergossen. Das reiche aber bei weitem nicht aus. Weshalb nun die Bitte an die Bürger erfolge.

Die lange Trockenheit bereitet auch dem Niersverband große Sorge. „Aufgrund der geringen Wasserführung in der Niers könnte ein heftiger Starkregen, bei dem es zu Abschlägen aus dem Kanal kommen kann, zu einem Fischsterben führen“, teilt der Verband mit. Dies sei insbesondere dann kritisch, wenn die Niers durch längere Trockenperioden — so wie wir sie momentan haben — wenig Wasser führt. „Gerade bei hohen Temperaturen heizt sich dann das Gewässer schneller auf, der Sauerstoffgehalt im Wasser sinkt“, so die Mitteilung.

Außerdem haben sich nach Angaben des Niersverbandes während der Trockenphase überall im Kanalnetz Ablagerungen gebildet. Ein starker Regen könne diese wegschwemmen. Somit könnten diese Ablagerungen bei einem möglichen Abschlag auch ins Gewässer gelangen. Der Abbau dieser Substanzen verbrauche weiteren Sauerstoff, so dass der Sauerstoffgehalt im Wasser weiter sinkt und es zu lokalem Fischsterben kommen kann.

„Die Situation in diesem Sommer ist derzeit kritischer als im Juli 2010,“ äußert sich Verbandsvorstand Dietmar Schitthelm besorgt. Damals folgte auf eine zirka sechs Wochen andauernde Trockenperiode ein sogenanntes ausgeprägtes Starkregenereignis im Bereich Mönchengladbach. Die Sauerstoffkonzentration fiel auf 0,0 mg/l und habe sich erst zwischen Grefrath und Wachtendonk wieder erholt. „Das Ergebnis war 2010 ein heftiges Fischsterben“, so der Niersverband, der hofft, dass es 2018 nicht zu so einem Problem kommt.

„Im optimalen Fall wünschen wir uns einen mehrtägigen Landregen von drei bis vier Litern pro Quadratmeter am Tag. Dieser würde die Ablagerungen der Kanäle in die Kläranlagen schwemmen und eine vollständige Reinigung ermöglichen“, sagt Schitthelm.

Die Gewässerqualität der Niers habe sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, sodass man mittlerweile wieder mehr als 30 Fischarten in der Niers zähle. Insofern bestehe die berechtigte Hoffnung, dass ein mögliches Fischsterben in der Niers besser kompensiert würde als 2010. pasch/dpa/tkl