Afghanistan wird für Briten zum Alptraum

Bisher starben mehr Soldaten am Hindukusch als im Irak. Der Unmut im Königreich wächst.

London. Mit trauriger Regelmäßigkeit treffen aus Afghanistan die Nachrichten von getöteten britischen Soldaten ein. Die meisten Briten nahmen davon kaum noch Notiz. Doch einen so heftigen Schlag wie jetzt hat es selten gegeben: Binnen 24 Stunden kamen acht Briten in Afghanistan um; in zehn Tagen waren es 15 Tote. Für die Psyche des Landes ist aber eine andere Zahl noch wichtiger: In Afghanistan sind schon jetzt insgesamt mehr Soldaten als im Irak gestorben.

Nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 marschierten die Briten in Afghanistan gegen die radikal-islamischen Taliban auf. Der Kampf stand dann lange im Schatten des Irakkriegs. Jetzt aber - nachdem die Briten aus dem Irak abgezogen sind - richtet sich die volle Aufmerksamkeit auf den "vergessenen" Krisenherd.

Und Premier Gordon Brown gerät immer mehr in die Kritik. Die Truppen seien zu schlecht ausgerüstet und unterbesetzt, so die Vorwürfe. Der Kampf gegen die Taliban solle entweder "ganz oder gar nicht" geführt werden, kritisierten die Liberaldemokraten.

Nach 184 Toten (im Irak waren es in sechs Jahren 179) wird der Ruf nach einer klareren Strategie der Regierung immer lauter. Viele fragen sich: Ist es das wert? Denn ein Ende des Sterbens ist nicht in Sicht. Anders als die Deutschen sind die 9000 Briten in der gefährlichen südlichen Provinz Helmand im Einsatz.

Zwar steht die Regierung weiter zu der schwierigen Operation. Sie sei eine "patriotische Pflicht", erklärte Brown. Andernfalls käme der Terror zurück "auf die Straßen Großbritanniens". Doch der Öffentlichkeit ist der Einsatz, der stets mehr Unterstützung hatte als der im Irak, immer schlechter zu verkaufen - da half es auch wenig, dass US-Präsident Barack Obama Brown zur Seite sprang. Für heute kündigten Kriegsgegner schon eine Demonstration in London an - sie halten den Kampf für einen "Alptraum für Großbritannien" und wollen den Abzug der Truppen.

"Die Tatsache, dass wir nun die Opferzahlen im Irak übertreffen, könnte den entscheidenden Wendepunkt in der öffentlichen Meinung bringen", warnte der ehemalige Chef der Liberaldemokraten, Menzies Campbell. "Die Soldaten müssen wissen, dass sie die volle Unterstützung haben."

Sie brauchen aber auch die nötige Ausrüstung. Militärchefs und Soldaten beklagen seit langem, nicht genug Mittel zu haben.