Albtraum im Untergrund
Zwei junge Attentäterinnen reißen in der Moskauer U-Bahn zahlreiche Menschen mit in den Tod.
Moskau. Die Attentäterinnen von Moskau wählten Ziele mit Symbolkraft. Direkt unter der Zentrale des russischen Geheimdienstes FSB explodiert in der U-Bahn zu Beginn des morgendlichen Berufsverkehrs die erste Bombe. Wenige Minuten Fußmarsch ist es von hier zum Kreml. Eine halbe Stunde später schockt eine zweite Detonation die Menschen in der Station, die zum Gorky Park führt, dem Vergnügungspark im Zentrum der russischen Metropole. 40 Menschen sterben bei dem Doppelanschlag, den die wütenden Passanten reflexartig militanten Gruppen aus dem Nordkaukasus zuschreiben.
Kreischend und verstört rennen und stolpern die Menschen aus den U-Bahn-Schächten auf die Straßen. Frauen und Männer brechen in Tränen aus. Dutzende Sanitätsfahrzeuge rasen mit lauten Sirenen herbei. Rettungskräfte sperren die Anschlagsorte mit rot-weißen Bändern ab, damit die Schaulustigen die Hilfseinsätze nicht behindern.
Dröhnend landen Rettungshubschrauber an den U-Bahn-Ausgängen, um die Verletzten schnell zu versorgen. "Ich werde jemanden umbringen", schreit ein junger Mann wie von Sinnen, seine Freundin wurde bei dem Anschlag in der Nähe der Geheimdienstzentrale verletzt. "Einen Tadschiken, einen Aserbaidschaner, völlig egal, das ist doch alles dasselbe." Und bevor er von Polizisten abgeführt wird, droht er weiter: "Jetzt beginnt der Krieg."
Beim Verlassen der Station habe der ganze Waggon gewackelt, berichtet Alexandra Antonowa, Journalistin der Nachrichtenagentur RIA-Nowosti, die dem Drama als Zeugin entkam. Der Knall im Wagon hinter ihr sei so laut gewesen, dass sie erst mal gar nichts mehr gehört habe. "Niemand hat begriffen, was los war." Erst an der nächsten Station seien die Menschen angewiesen worden auszusteigen, und dann sahen alle den dicken Qualm aus dem Tunnel kriechen.
Ein Amateur-Video, das kurz nach den Anschlägen im Internet auftaucht, zeigt, wie sich an der Station Park Kultury eine riesige Menschenmenge Richtung Ausgang wälzt. Ein Mann soll dabei zu Tode gequetscht worden sein. Die Eingangstüren zu den Haltestellen wurden nicht geschlossen. Tausende Menschen strömen wie an jedem Morgen hinein und drängen nichtsahnend nach. Auf Bildern aus den Stationen sind mehrere Menschen zu sehen, die am Boden liegen.