Analyse: Der Nobelpreis und die Afghanistan-Politik

Ist Obama der Auszeichnung würdig? Das Militär setzt den Präsidenten mächtig unter Druck.

Washington. Dass er zum Träger des Friedensnobelpreises gekürt wurde, empfand US-Präsident Barack Obama als große Ehre, die er nach eigener Darstellung gar nicht verdient hätte. Nun aber will Obama beweisen, dass er der Auszeichnung würdig ist und seiner Vision von einer friedlichen Welt frei von Terror und nuklearen Bedrohungen konkrete Taten folgen lässt.

Erster Punkt auf der Tagesordnung war gleich nach seiner Dankesrede im Rosengarten des Weißen Hauses die Lage in Afghanistan, wo sich ein grundlegender Kurswechsel in der US-Politik abzeichnet. Vor dem Hintergrund deutlich schwächerer Umfragewerte und wachsender Unzufriedenheit in der Öffentlichkeit mit dem Verlauf des Afghanistankriegs liegen im Weißen Haus seit einigen Wochen die Nerven blank.

Zwischen Regierungsmitgliedern und führenden Militärs tobt ein heftiger Streit darüber, ob man weitere Truppen entsenden sollte oder den Einsatz vorwiegend strategisch auf die Festnahme oder Tötung der gefährlichsten Terroristen ausrichtet. Nun hat es den Anschein, als könnte General Stanley McChrystal, der US-Oberbefehlshaber in Afghanistan, sich durchsetzen. Er fordert eine deutlich stärkere Truppenaufstockung als bisher geplant.

McChrystals Ziel ist es, den Kampf gegen Extremisten zu verschärfen und insbesondere die Taliban so weit zu schwächen, dass sie keine Gefahr für die afghanische Regierung darstellen und nicht mehr über die Infrastruktur verfügen, um El-Kaida- Terroristen zu beherbergen und zu unterstützen.

Auf McChrystals Linie schwenkten am Wochenende Obama und leitende Mitglieder des nationalen Sicherheitsrats ein. In zwei Punkten stellt die neue Politik eine klare Abkehr von bisherigen Positionen des Weißen Hauses dar: Die Taliban sollen als politische und militärische Organisation nicht mehr zerstört, sondern stattdessen bedeutend geschwächt werden. Und zwischen den regional verankerten Taliban und der international tätigen El Kaida soll strategisch unterschieden werden.

Wie Regierungssprecher Robert Gibbs betonte, habe die Terrororganisation im Gegensatz zu den Taliban das erklärte Ziel, "durch ein Netzwerk globaler Dschihadisten Anschläge gegen die USA zu verüben", und erfordern eine getrennte Strategie.