Analyse: Fettleibigkeit wird zur Volkskrankheit
Weltweit steigt die Zahl der Dicken. Die OECD fordert Politik und Wirtschaft nun zum Handeln auf.
Paris. Fettleibigkeit nimmt in immer mehr Ländern das Ausmaß einer Volkskrankheit an: Die neuen Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sind alarmierend: Allein in der Bundesrepublik trugen zuletzt 60 Prozent der Männer und 45 Prozent der Frauen zu viele Kilos mit sich herum.
Rund jeder sechste Deutsche galt sogar als krankhaft fettleibig. In Europa wird Deutschland damit nur noch von wenigen Ländern wie Großbritannien, Spanien und Griechenland übertroffen.
Weltweit Spitzenreiter sind die Fast-Food-Länder USA und Mexiko. Dort waren zuletzt zwei von drei Menschen übergewichtig, rund jeder Dritte wurde als fettleibig eingestuft.
Vor 1980 war das Problem kaum bekannt. Damals habe der Anteil der krankhaft dicken Menschen in den meisten Ländern noch deutlich unter zehn Prozent gelegen, schreiben OECD-Experten.
Als Ursache für die Entwicklung nennen sie veränderte Lebensgewohnheiten. Zu viel Fett, zu viel Süßes, zu viel Stress und zu wenig Bewegung. Eine ungesunde Mischung, die über das Übergewicht auch zu Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs führen kann.
Alarmierend ist, dass auch sehr junge Menschen betroffen sind. Schon jetzt sitzt auf jeder dritten Kinderhüfte in den OECD-Ländern zu viel Fett.
"Schwer fettleibige Menschen sterben etwa acht bis zehn Jahre früher als Menschen mit normalem Gewicht, und sie entwickeln mit höherer Wahrscheinlichkeit Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs", warnen die Experten.
Für ihre Studie haben sie sich an die Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO gehalten. Demnach gelten Erwachsene mit einem Body-Mass-Index (BMI) zwischen 25 und 30 als übergewichtig, Menschen mit einem BMI über 30 als fettleibig. Der Index wird aus dem Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch die Körpergröße in Metern zum Quadrat berechnet.
Im Umgang mit dem "Dicken-Problem" fordern die OECD-Experten nun eine gemeinsames Vorgehen von Regierungen und Wirtschaft. Schon mit relativ wenig Aufwand könnte ihrer Ansicht nach viel Gutes getan werden - beispielsweise mit einer besseren Beratung durch Hausärzte oder besseren Informationen zu Nahrungsmitteln.
Anreiz für eine gesunde Ernährung könnten aber auch simple Zahlen bieten: Der OECD-Studie zufolge verdienen krankhaft dicke Menschen bis zu 18 Prozent weniger als andere. Die Versicherer halten es sogar für möglich, dass die Zunahme der Fettleibigkeit eines Tages den Trend zur Langlebigkeit stoppen könnte.