Analyse: Mobbing-Vorwürfe gegen Gordon Brown
Kurz vor der Wahl im Mai schildert ein Buch den britischen Premier als Wüterich.
London. Wütend und weinend - so macht der britische Premierminister Gordon Brown derzeit Schlagzeilen. Vor kurzem debattierte Großbritannien noch über einen tränenreichen TV-Auftritt des Premiers, bei dem er sich über den Tod seiner Tochter vor vielen Jahren äußerte. Nun geht es um einen angeblich jähzornigen und tobenden Regierungschef, der seinen Mitarbeitern Angst und Schrecken einjagen soll. Zwar weist Downing Street alle Vorwürfe kategorisch zurück. Doch für Brown sind die Vorwürfe kurz vor der Parlamentswahl im Frühjahr ein neuer Tiefschlag fürs Image.
Die explosiven Enthüllungen stammen aus einem Buch, das der Journalist Andrew Rawnsley veröffentlicht hat. Die Details erinnern eher an Rumpelstilzchen als an einen britischen Gentleman: Demnach soll Brown eine Sekretärin aus dem Stuhl gezerrt haben, weil sie angeblich nicht schnell genug tippte. Einen anderen Mitarbeiter, der einen Empfang für EU-Botschafter organisieren wollte, soll der Premier geschubst und angeschrien haben, warum er denn "diese verdammten Leute" treffen müsse. Einen weiteren hatte Brown angeblich am Kragen gepackt und angeschnauzt, nachdem eine CD mit den Daten von Millionen Kindergeldempfängern verloren gegangen war.
Die gewohnt aggressive britische Presse stürzte sich mit Vergnügen auf die Enthüllungen. "The Prime Monster" titelte das Massenblatt "The Sun" am Montag in Anspielung auf die englische Bezeichnung "Prime Minister". Öl ins Feuer goss auch die Chefin eines Sorgentelefons. Diese behauptete, dass sich mehrere Mitarbeiter der Downing Street Nr.10, des Sitzes des Premierministers, an die Mobbing-Hotline gewandt hätten. Beweise hatte sie dafür nicht. Und es hieß auch, die Mitarbeiter hätten sich nicht über einen mobbenden Brown beschwert. Pikant ist zudem, dass die Hotline von einer Abgeordneten der oppositionellen Konservativen unterstützt wird.
Brown selbst war schon in die Offensive gegangen, da einige Anschuldigungen bereits in den vergangenen Wochen durchgesickert waren. "Wenn ich wütend werde, dann bin ich es vor allem über mich selbst", sagte der 59-Jährige. Zwar werfe er dann auch mal "Zeitungen oder so" auf den Boden. Aber er habe "niemals" in seinem Leben jemanden geschlagen oder seine Mitarbeiter angegriffen.