Analyse: Ohne China gibt es keinen Frieden in Korea

Nach dem Zwischenfall im Gelben Meer stehen die USA vor einem Balanceakt.

Washington. Die Antwort des Weißen Hauses wirkte kraftvoll und entschlossen. Kaum hatte sich Präsident Barack Obama im Konflikt um den mutmaßlichen Torpedo-Angriff Nordkoreas auf ein südkoreanisches Kriegsschiff hinter Seoul gestellt, kündigte das Pentagon schon gemeinsame Seemanöver an. Die USA, sollte wohl die Botschaft sein, können die ausgestreckte Hand auch zur drohenden Faust ballen. Doch dabei blieb es erst einmal. Denn zu delikat ist derzeit der Balanceakt, den die Obama-Regierung in Fernost zu bewältigen hat.

Gerade scheinen nach dem China-Besuch von US-Außenministerin Hillary Clinton die monatelangen Spannungen zwischen den beiden Giganten überwunden. Südkorea will den Torpedo-Angriff vor den UN-Sicherheitsrat bringen. Die Veto-Macht China steht Strafmaßnahmen gegen seinen militärischen Verbündeten und Wirtschaftspartner Nordkorea jedoch höchst zurückhaltend gegenüber. Nicht mehr als eine intensive Diplomatie vereinbarte Clinton mit Peking, um eine gemeinsame Antwort auf Pjöngjangs Provokation zu finden.

Als "kriegerisches und bedrohliches" Verhalten brandmarkte Washington die Versenkung der Korvette "Cheonan". Abseits der Kameras machen Pentagon-Mitarbeiter aber deutlich, dass sie auf Diplomatie und nicht militärische Gewalt setzen. "Das Ziel hier ist, die Spannungen nicht zu verschärfen oder Dinge zu unternehmen, die zu sehr nach Provokation aussehen", sagte ein hoher Beamter des Verteidigungsministeriums.

Noch ist in Washington keine Rede davon, die inzwischen auf 26000 Mann reduzierte US-Truppenstärke in Südkorea wieder nach oben zu fahren. Einen solchen Schritt hatte Präsident Bill Clinton 1994 vorbereitet, als Nordkorea im Streit um sein Nuklearprogramm mit Militäraktionen drohte. Nach Angaben von Pentagon-Sprecher Bryan Whitman ist auch noch offen, ob die USA die Alarmbereitschaft ihrer Streitkräfte in der Region erhöhen.

Dreh- und Angelpunkt bleibt China. Doch sind Fortschritte klein. Hillary Clinton "muss China weiter dazu drängen, sich mit jenen zu identifizieren, die Frieden und Stabilität auf der koreanischen Halbinsel wollen", meint Sheila Smith, Asien-Expertin beim renommierten Außenpolitik-Institut Council on Foreign Relations in Washington. Schaffe es Peking nicht, die Versuche Nordkoreas zur Destabilisierung Nordostasiens einzudämmen, "könnte China genau jenen Konflikt herbeiführen, den es nach eigener Aussage verhindern will", sagt die Expertin.