Belgien steuert auf Neuwahlen zu

Auch ein neuer Versuch zur Regierungsbildung ist gescheitert. Der Vermittler wirft das Handtuch.

Brüssel. Das von einer politischen Dauerkrise gebeutelte Belgien wird kaum mehr um vorzeitige Neuwahlen herumkommen. 13 Monate nach der letzten Wahl ist jetzt auch der jüngste Versuch spektakulär gescheitert, endlich doch noch eine Regierungskoalition auf die Beine zu stellen.

Bart De Wever, Chef der flämisch-separatistischen Partei N-VA, lehnte die Plattform für Koalitionsverhandlungen ab, die der wallonische Sozialist Elio Di Rupo ausgearbeitet hatte. Die meisten belgischen Kommentatoren sehen damit die letzte Chance vertan und rechnen mit Neuwahlen im Herbst. Di Rupo warf am Freitag das Handtuch — und bat König Albert II., ihn vom Auftrag der Regierungsbildung zu entbinden.

Di Rupo, Chef der Sozialistischen Partei (SP) und Wahlsieger in der Wallonie, hatte im Auftrag des Königs Optionen für ein breites Regierungsbündnis ausgelotet und dazu ein Konzeptpapier vorgelegt. Darin enthalten waren sowohl Vorschläge für eine weitere Machtverlagerung zugunsten der Regionen wie für eine Finanzreform. Wobei Di Rupo nach Ansicht der meisten Beobachter den Forderungen der Flamen und namentlich der N-VA weiter entgegen gekommen war als je zuvor.

Doch De Wever verdammte die Ideen Di Rupos in Bausch und Bogen: Es drohten „ein Steuer-Tsunami” und „ein Desaster” für die flämische Bevölkerung der Hauptstadt Brüssel. Insgesamt, so De Wever, sei das Papier „keine brauchbare Arbeitsgrundlage, um die Verhandlungen fortzusetzen”. Für die anderen Parteien des angestrebten Bündnisses war das Konzept hingegen akzeptabel, und zwar auf beiden Seiten der französisch-flämischen Sprachgrenze. Eine Regierung ohne De Wever, den starken Mann Flanderns, gilt aber als politisch äußerst heikel und wird von den flämischen Christdemokraten rundheraus abgelehnt.

Unterdessen schlug der frankophone Liberale Alain Destexhe einen internationalen Vermittler vor. Das könne „eine europäische Persönlichkeit” sein oder auch ein Vertreter aus einem anderen Land wie der Schweiz.