Nomaden randalieren in England
Die „Traveller“ wehren sich gegen die Räumung ihres Lagers.
London. Bei der Räumung des größten Landfahrer-Lagers in Großbritannien ist es gestern zu schweren Krawallen gekommen. Mit Eisenstangen und Steinbrocken verteidigten irische Nomaden und Aktivisten das illegale Camp in Essex, das eine Autostunde von London entfernt liegt.
Zehn Jahre lang hatten die Iren das Gelände ohne Baugenehmigung besetzt; vergangenen Montag gab das Oberste Gericht grünes Licht für seine Räumung.
Als gestern kurz nach Sonnenaufgang Abrissbagger, Gerichtsvollzieher und Bereitschaftspolizei auf das Gelände strömten, eskalierte die seit Tagen angespannte Situation im Örtchen Basildon. Anarchisten und irische Landfahrer („Travellers“) hatten ihre Köpfe an die provisorisch befestigte Wagenburg gekettet, ihre Arme einbetoniert und ihre mobilen Heime trotzig in Brand gesteckt.
Freiwillig wollten die rund 400 Nomaden ihr Camp keinesfalls räumen. Sie lieferten sich erbitterte Kämpfe um Wohnwagen und Bauten, die sie ohne Genehmigung am Ortsrand aufgestellt hatten. Sechs Leichtverletzte zählten die Rettungskräfte.
Am Dienstag hatte sich der Stadtrat von Basildon noch für eine „friedliche und würdevolle Räumung“ ausgesprochen. Die Iren leben seit zehn Jahren auf dem ehemaligen Schrottplatz.
Für einige, wenige Flächen hatten sie anfangs noch die Genehmigung des Stadtrates. Die Gruppe bekam allerdings schnell Zulauf und besetzte schließlich auch Land, das als „Grüngürtel“ von der Kommune geschützt war.
Die Travellers sehen sich als Opfer des britischen Immobilienbooms: Da Bauland extrem knapp und teuer geworden sei, so ihr Argument, kämen sie mittlerweile nirgendwo mehr unter. Einen Umzug in Sozialwohnungen hatten sie abgelehnt, weil die 83 Familien sich nicht auf mehrere Orte aufteilen wollten.
Seit der großen Hungersnot 1845 in Irland, als Arbeiter und Hausbesitzer ihr Eigentum abtreten mussten, schlagen sich ihre Nachfahren auf der Straße durch. 40 000 „Traveller“ sind noch immer unterwegs. Die britische Regierung erkennt sie als ethnische Minderheit an.