Nordkorea warnt Südkorea vor Manöver
Seoul (dpa) - Nordkorea sieht die koreanische Halbinsel am Abgrund eines Krieges. Nach seinem Angriff auf eine südkoreanische Insel warnte das Land wegen eines neuen Manövers der USA mit Südkorea vor einer weiteren Eskalation der Lage.
Die koreanische Halbinsel werde durch die geplante Übung im Gelben Meer in Richtung Krieg getrieben, hieß es am Freitag in den staatlichen nordkoreanischen Medien. In der angespannten Situation wurde Südkoreas Militär durch neue Explosionsgeräusche in der Nähe der zuvor beschossenen Insel Yonpyong vor der Westküste aufgeschreckt. Nach dem Granatfeuer drei Tage zuvor veranstaltete Nordkorea nach Militärangaben in Seoul vermutlich Artillerieschießübungen.
Chinas Außenminister Yang Jiechi habe in einem Telefonat mit seinem südkoreanischen Amtskollegen Kim Sung Hwan seine Besorgnis über das Manöver zum Ausdruck gebracht, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf einen Regierungsbeamten in Seoul. „Gäbe es nicht die Provokation Nordkoreas, würde es diese Übungen nicht geben“, habe Kim geantwortet. Yang Jiechi hatte zuvor einen für heute geplanten Besuch in Seoul abgesagt. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking hatte sich bereits am Donnerstag kritisch über die Entsendung eines amerikanischen Flugzeugträgers ins Gelbe Meer geäußert.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle ermutigte die chinesische Regierung, ihren Einfluß zu nutzen, um die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel zu vermindern. „Wir brauchen China als einen Akteur für weltweiten Frieden“, sagte der FDP-Politiker beim europäisch-chinesischen Wirtschaftstreffen „Hamburg Summit“.
Südkoreas Präsident Lee Myung Bak ernannte indes den früheren Generalstabschef Kim Kwan Jin zum neuen Verteidigungsminister. Der 61-Jährige soll den bisherigen Ressortchef Kim Tae Young ersetzen, der am Vortag nach zunehmender Kritik an der militärischen Reaktion auf den Angriff zurückgetreten war. Ihm war vorgeworfen worden, zu spät und zu lasch reagiert zu haben. Der designierte Minister gelte als „typischer Soldat“, der sich durch starke Führungskraft auszeichne, sagte ein Sprecher Lees.
Durch den Angriff auf die nahe der umstrittenen Seegrenze im Gelben Meer gelegenen Insel Yonpyong waren die Spannungen auf der Halbinsel eskaliert. Bei dem Vorfall am Dienstag wurden zwei Soldaten und zwei Zivilisten getötet. Südkorea, das dem Nachbarland vorsätzliche Provokation vorwirft, hatte das Feuer erwidert. Den Vorwurf Nordkoreas, zuerst geschossen zu haben, weist Seoul zurück. Nordkorea hatte danach mit weiteren Militärschlägen gedroht, sollte es sich provoziert fühlen.
Nordkorea kritisierte das geplante Manöver der US-amerikanischen und südkoreanischen Truppen als „Kriegsübung“, die sich gegen das kommunistische Land richte. Verantwortlich für diese rücksichtslosen Pläne seien „kriegslüsterne Elemente“. Das nordkoreanische Komitee für eine Friedliche Wiedervereinigung Koreas drohte in einer getrennten Erklärung mit einem „schrecklichen Feuerschauer“ gegen die Feinde Nordkoreas, falls dessen Souveränität verletzt werde.
Die US-Streitkräfte in Korea (USFK) hatten nur einen Tag nach dem Beschuss der Insel das Manöver angekündigt. Zu der viertägigen Luftwaffen- und Seeübung schicken die USA ihren Flugzeugträger „USS George Washington“. Mit dem Manöver, das am Sonntag beginnen soll, wollen beide Länder einmal mehr militärische Stärke demonstrieren.
Nordkorea fühlt sich durch die gemeinsamen Übungen stets provoziert. Im Juli hatte das Land mit einem „heiligen Krieg“ und dem Einsatz mit Atomwaffen gedroht, weil ein südkoreanisch-amerikanisches Großmanöver im Japanischen Meer stattfand.
Wie das südkoreanische Fernsehen berichte, wurden nach neuen Explosionsgeräuschen in der Nähe der Seegrenze am Freitag die wenigen noch verbliebenen Bewohner sowie Arbeitskräfte, die zu Reparaturarbeiten auf der Insel waren, in die Schutzräume gerufen. „Ich habe Angst, ich komme damit nicht klar“, wurde ein Elektriker von der Agentur Yonhap zitiert. Das Feuer stamme offensichtlich von Schießübungen der nordkoreanischen Armee auf dem Festland, sagte ein Sprecher des Generalstabs in Seoul.