Putins Machtbasis „Geeintes Russland“ bekommt Risse
Urnengang von Polizeigewalt, Fälschungsvorwürfen und einer Blockade kritischer Internetseiten begleitet.
Moskau. Die Partei „Geeintes Russland“ von Regierungschef Wladimir Putin sieht ihre Befürchtungen bewahrheitet.
Bei der Parlamentswahl verfehlt die von Kremlgegnern sogenannte „Partei der Gauner und Diebe“ laut Prognosen die Zweidrittelmehrheit in der Duma klar. Die Verluste sind herber als erwartet.
Trotz Polizeigewalt, Fälschungsvorwürfen und einer beispiellosen Internet-Blockade von regierungskritischen Seiten am Sonntag droht der Machtbasis Putins nach Hochrechnungen vom Abend auch der Verlust der absoluten Mehrheit im Parlament. Putins geplante Rückkehr in den Kreml 2012 dürfte diese Schlappe allerdings nicht gefährden.
Schon im September schlug Putin Kremlchef Dmitri Medwedew als Spitzenkandidat der Partei „Geeintes Russland“ vor. Es sei üblich, dass der Präsident das mache, erklärte Putin. Doch vielen Beobachtern war klar, dass Putin einem eigenen Wahldebakel vorbeugen wollte. Er selbst hatte als Spitzenkandidat 2007 noch 64,3 Prozent für die Partei geholt.
Offiziell wird nun also Medwedew für die Schlappe geradestehen müssen. Die Kremlpartei schneidet noch schlechter ab als in letzten Umfragen. Zugewinne verbuchten dagegen die Kommunisten, die ultranationalistische Liberaldemokratische Partei Russlands und die linkskonservative Kraft Gerechtes Russland.
Politologen erklären die sinkende Zustimmung für „Geeintes Russland“ mit einer zunehmenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Viele Menschen sehnen sich nach einer Besserung ihrer Lebenslage.
Vor allem aber hätten viele Menschen den Glauben an Putins so bezeichneten Gesellschaftsvertrag verloren, der Bürgern soziale Sicherheit garantiert im Tausch für politische Nichteinmischung, meinte die Politologin Lilija Schewzowa.
Bei Protesten der Opposition gegen die Wahl nahm die Polizei allein in Moskau und St. Petersburg rund 200 Regierungsgegner fest. Landesweit waren 330 000 Sicherheitskräfte im Einsatz.