Todesschütze von Arizona erstmals vor Gericht
Washington (dpa) - Nach dem Mordanschlag von Arizona trauert Amerika um die Toten - und sucht nach den Hintergründen des Blutbades. Der mutmaßliche Todesschütze hat die Tat wohl gezielt geplant. Jetzt ist er wegen Mordes angeklagt.
Das Opfer Giffords kämpft weiter ums Überleben.
Zwei Tage nach der Bluttat erschien Todesschütze Jared Lee Loughner schwer bewacht erstmals vor Gericht. Bei dem 15-minütigen Haftprüfungstermin wurde der 22- Jährige am Montag in Phoenix zu seinen Personalien befragt, zudem las der Richter ihm die Anklagepunkte sowie das möglich Strafmaß vor, wie ein Reporter des US-Fernsehsenders CNN berichtete. Der kleine Gerichtssaal sei von 15 US-Marshals bewacht gewesen.
Loughner habe den Eindruck vermittelt, alles verstanden zu haben, berichtete der Reporter. „Er war mental voll da.“ Der an Händen und Füßen gefesselte Todesschütze sei dem Richter gegenüber freundlich gewesen und habe sich gut ausgedrückt. Als nächster Gerichtstermin sei eine Anhörung für den 24. Januar festgelegt worden.
Der Schütze von Arizona hat den Anschlag auf die Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords, der in ein Blutbad mit 6 Toten und 14 Verletzten mündete, anscheinend gezielt geplant. Bei einer Durchsuchung im Haus Loughners fanden die Beamten in einem Safe entsprechende Hinweise. Der Gesundheitszustand Giffords blieb unverändert kritisch, stabilisierte sich allerdings.
Amerika gedachte mit einer Schweigeminute der Opfer. Dazu aufgerufen hatte Präsident Barack Obama. An Bundesgebäuden im ganzen Land wurden die Flaggen auf Halbmast gesetzt. In den USA konzentriert sich die Debatte auf die Frage, ob das aufgeheizte politische Klima und die Stimmungsmache der Rechten gegen Giffords die Bluttat mitverursacht haben.
Über die Motive des anscheinend verwirrten Todesschützen, der laut Polizei als Einzeltäter handelte, wird weiter gerätselt. Es zeichnet sich jedoch ab, dass Loughner von Giffords besessen war. Er hatte der Abgeordneten aus nächster Nähe in den Kopf geschossen.
Ihre Ärzte sind „vorsichtig optimistisch“, dass sie überleben wird. Der Chef der Neurochirurgie am Universitätsklinikum in Tucson, Michael Lemole, sagte am Montag, ihr kritischer Gesundheitszustand sei „unverändert“, was angesichts der schweren Verletzung eine gute Nachricht sei. „Aber sie ist noch nicht über den Berg“, so Lemole.
Obama und First Lady Michelle gedachten mit gesenkten Köpfen im Freien vor dem Weißen Haus schweigend der Opfer. Auf den Stufen des Kapitols versammelten sich Kongressmitglieder zum stillen Gedenken. Etliche hatten Tränen in den Augen. Auch in vielen anderen Städten der USA zeigten Menschen ihre Anteilnahme.
Unter den Funden im Haus des Attentäters war ein Briefumschlag mit verschiedenen „Botschaften“ Loughners. Sie enthielten Formulierungen wie „Mein Attentat“, „Ich habe voraus geplant“ und auch den Namen Giffords. Die Polizei entdeckte außerdem ein Schreiben mit dem Briefkopf der Abgeordneten, in dem sie sich für Loughners Teilnahme an einem Wähler-Treffen 2007 bedankte. Bizarre Erklärungen und Videos des jungen Mannes im Internet weisen auf einen wirren politischen Hintergrund hin. Dort warf er der Politik etwa „Gehirnwäsche“ vor oder forderte eine neue US-Währung.
Auch frühere Mitstudenten berichteten von einem äußerst merkwürdigen Verhalten Loughners, das ihnen Furcht eingeflößt habe. Ein ehemaliger Lehrer sagte ebenfalls: „Ich hatte Angst, er könnte eine Waffe ziehen.“
Die politische Diskussion konzentriert sich unterdessen weiter auf die Frage, ob das in den vergangenen zwei Jahren zunehmend aufgeheizte politische Klima mitverantwortlich für das Blutbad ist. Dabei zielen die Vorwürfe der demokratischen Seite, zu der Obama und Giffords gehören, auf die radikalkonservative Tea Party. Deren Leitfigur Sarah Palin war 2008 republikanische Kandidatin für das Amt des Vizepräsidenten.
Der Wahlkreis der 40-jährigen Giffords gehörte zu jenen, die auf Palins Webseite vor der Kongresswahl mit einem Fadenkreuz versehen waren. Die Exgouverneurin von Alaska hatte ihre Gefolgsleute auch aufgerufen: „Zieht euch nicht zurück - ladet nach!“. Derartige „gewalttätige Rhetorik“ trage zu einem vergifteten Klima bei, sagte der demokratische Senator Richard Durbin in einer CNN-Sendung. Sein republikanischer Kollege Lamar Alexander warnte hingegen davor, das Attentat mit Tea Party-Äußerungen oder der Rhetorik anderer Gruppen in Verbindung zu bringen.
Loughner war am Tatort von Passanten überwältigt worden, bevor er ein noch schlimmeres Blutbad anrichten konnte. Unter den Todesopfern sind ein hochrangiger Bundesrichter und ein 30- jähriger Wahlkreis-Spitzenmitarbeiter der Abgeordneten. Auch ein neunjähriges Mädchen starb: Geboren wurde die kleine Christina am 11. September 2001, dem Tag der verheerenden Terroranschläge in den USA.
Der Attentäter wurde zunächst in fünf Punkten angeklagt, und zwar wegen dreifachen versuchten Mordes und zweifachen Mordes. Dabei geht es um die Opfer, die Bundesbedienstete waren. Dazu gehören Giffords und zwei ihrer Helfer, die überlebten, sowie der getötete Richter und der Wahlkreis-Mitarbeiter.