Türkei warnt Assad-Regime

Istanbul/Damaskus/Wien (dpa) - International wächst die Solidarität mit der syrischen Protestbewegung. Gleichzeitig geht das Regime von Präsident Baschar al-Assad weiter mit äußerster Brutalität gegen Regimegegner vor.

Allein am Freitag wurden nach Angaben von Aktivisten mindestens 33 Zivilisten getötet, darunter 5 Kinder. Insgesamt starben in Syrien in den vergangenen Monaten nach UN-Angaben mindestens 4000 Menschen.

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu warnte die Führung in Damaskus davor, weiter Gewalt gegen die Opposition anzuwenden. Wenn sich die Einsätze gegen Regimegegner zur Bedrohung für die regionale Sicherheit entwickelten, werde die Türkei nicht tatenlos zuschauen, kündigte der Minister vor Journalisten in Ankara an.

Wenn eine Regierung ihr eigenes Volk bekämpfe und vertreibe und damit sowohl die eigene Sicherheit als auch die Sicherheit der Türkei gefährde, habe Ankara die Verantwortung und die Macht zu sagen: „Nun ist aber genug.“

Der von der Opposition gebildete syrische Nationalrat bat am Freitag Österreich um humanitäre und finanzielle Unterstützung. Österreich und die anderen europäischen Staaten müssten außerdem das brutale Vorgehen des syrischen Machthabers gegen sein Volk verurteilen, sagte der Vorsitzende des Übergangsrates, Burhan Ghalioun, nach einem Gespräch mit dem österreichischen Außenminister Michael Spindelegger in Wien.

Ghalioun betonte, die aktuelle Lage sei dramatisch, es habe erneut zahlreiche Tote gegeben. Die Armee von Assad terrorisiere und töte, zerstöre Gebäude und Moscheen. Er verlange keine militärische Hilfe, „aber das Morden zu stoppen ist eine Hauptaufgabe dieser Weltgemeinschaft“. Nach einem Sturz Assads müsse Syrien ein demokratischer Staat werden. Es werde eine Nationalkonferenz zur Aussöhnung und Beendigung der Gewalt geben.

Nach Angaben von Aktivisten protestierten in den Provinzen Daraa, Idlib, Hama und Homs am Freitag Tausende gegen das Regime. Mindestens 33 Menschen seien dabei getötet worden, hieß es. Die meisten Opfer habe es in Homs gegeben. Die Proteste standen diesmal unter dem Motto „Streik der Würde“. Die Revolutionsbewegung rief zu einem Generalstreik auf, der am Sonntag beginnen soll.

Ein Sprecher der Revolutionskomitees, die in Syrien Demonstrationen organisierten, erklärte unterdessen, die Protestbewegung wolle nicht, dass bewaffnete Zivilisten das Regime von Präsident Assad stürzen. „Wir sind kein bewaffnetes Volk, unsere Bewegung ist friedlich, und sie soll es auch bleiben“, sagte der Sprecher, der seit kurzem im Exil lebt, der Nachrichtenagentur dpa in einem Telefoninterview.

Bei der „Freien Syrischen Armee“ handele es sich hingegen nicht um eine Truppe bewaffneter Zivilisten, sondern um desertierte Soldaten, „die es sich zur Aufgabe gemacht haben, das Volk zu schützen“, fügte er hinzu.

Nach UN-Schätzungen wurden in Syrien seit Beginn der Demonstrationen im März über 4000 Menschen getötet. Um die Opferzahlen entbrannte inzwischen ein Streit zwischen den Vereinten Nationen und Damaskus. Assad warf der Weltorganisation nach UN-Angaben Übertreibung vor. Die Opferzahl sei viel geringer.

„Ich kann nicht glauben, dass weniger als 4000 Menschen getötet wurden“, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in einer am Freitag in New York verbreiteten Erklärung. „Alle uns vorliegenden zuverlässigen Informationen lassen darauf schließen, dass die Armee mindestens 4000 Menschen getötet hat. ... Die Hochkommissarin für Menschenrechte hat deutlich gemacht, dass all ihre Quellen sehr zuverlässige Quellen sind.“ Die Vereinten Nationen seien immer der Wahrheit, Fairness und Unparteilichkeit verpflichtet, aber auch den Menschenrechten und der Menschenwürde. Internationale Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass der überwiegende Teil der Todesopfer aus den Reihen der Regimegegner stammt.