Brasilien: „Der Air-France-Absturz hätte vermieden werden können“

Defekt am Tempomesser soll schuld sein.

Paris. Der Absturz des Airbus-Fluges AF 447 auf dem Weg von Rio nach Paris hätte vermieden werden können, wenn Air France die Geschwindigkeitsmesser rechtzeitig ausgetauscht hätte.

Diese Ansicht vertritt der Chef der Air-France-Pilotengewerkschaft (Spaf), Gérard Arnoux, in einer neuen Untersuchung des Flugzeugunglücks. Für ihn sind die Tempomesser, die sogenannten Pitot-Röhrchen, schuld an dem Unglück.

Die Expertenkommission, der Arnoux angehört, widerlegt damit die von der französischen Luftfahrtbehörde BEA vertretene "offizielle" Version. Deren Chefermittler Alain Bouillard hatte stets behauptet, dass die umstrittenen Sensoren lediglich "ein Element, aber nicht die Ursache" der Katastrophe seien.

Bei dem Unglück über dem Atlantik am Pfingstmontag starben 228 Menschen. Die Ursachenforschung wird erschwert, weil der Flugschreiber der Unglücksmaschine unauffindbar auf dem Grund des Atlantiks liegt, möglicherweise in mehr als 4000 Metern Tiefe.

Spaf-Präsident Gérard Arnoux, der Kommandant an Bord eines Airbus 320 ist, wirft der französischen Luftfahrtbehörde BEA vor, "die Rolle der Pitot-Röhrchen herunter zu spielen". Die Expertenkommission, deren Bericht die Pariser Sonntagszeitung "Journal du Dimanche" in Auszügen vorab veröffentlichte, weist daraufhin, dass es immer wieder Warnhinweise gegeben habe - schon 1999 in Deutschland und zuletzt 2008.

Sowohl Airbus als auch die Europäische Flugsicherheitsbehörde hätten auf die verhängnisvollen Auswirkungen defekter "Pitot-Röhrchen" hingewiesen. Aber auf verbindliche Auflagen zum sofortigen Austausch der "Pitots" habe Airbus verzichtet.

Im Gegensatz zu Air France hat die Fluggesellschaft "Caribbean Air" zügig reagiert. Im August/September 2008 waren die Pitot-Sonden an den Karibik-Jets vereist, daraufhin ließ die Airline binnen vier Wochen die "Pitots" der gesamten Airbus-Flotte auswechseln. Experten haben ausgerechnet, dass der Austausch bei allen Air-France-Düsenjets lediglich mit 153 000 Euro zu Buche geschlagen wäre.

Die Sensoren übermitteln dem Bordcomputer präzise Angaben über die Fluggeschwindigkeit. Fallen die Tempomesser aus, etwa weil sie verdreckt oder vereist sind, droht die Maschine schlimmstenfalls abzustürzen. So offenbar geschehen beim Air-France-Airbus, der in 10 700 Metern Höhe in starke Turbulenzen geriet und vor Brasilien im Atlantik sank.