Das Endspiel um Gabriels Großprojekt
Von allen Seiten wird an der Ökostrom-Reform des Vizekanzlers gezerrt. Am Dienstag lädt Angela Merkel zum Energie-Gipfel.
Berlin. Sigmar Gabriel braucht die Hilfe der Kanzlerin. Ausgerechnet der Chef-Antreiber der Genossen muss darum kämpfen, dass er bei der Energiewende-Reform etwas Wegweisendes abliefert. Nachdem seine SPD-Kollegen im Kabinett mit Mietpreisbremse, Rentenpaket und Mindestlohn bereits geliefert haben. Schon in seinem Wirtschaftsministerium gehen die Meinungen auseinander — was es für Gabriel nicht leichter macht. Nun zeichnet sich ab, dass die Stromkosten der Verbraucher am Ende kaum gedämpft werden könnten.
Am Dienstag um 18 Uhr kommt es zum Endspiel, die Ministerpräsidenten treffen sich mit Gabriel und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt. Ohne die Länder geht es bei diesem Großprojekt nicht. Es geht darum, ob der Windkraft-Ausbau auf 2500 Megawatt pro Jahr beschränkt werden soll. Ob der Austausch alter Windräder durch neue, leistungsstärkere dabei mit eingerechnet wird. Ab welchem Stichtag Förderkürzungen gelten. Ob der Zubau neuer Biogasanlagen auf 100 Megawatt gedeckelt wird. Wie mit Bayerns Protest gegen eine zentrale neue Ost-Süd-Stromtrasse umzugehen ist. Und ob zur Entlastung der Haushalte doch die Stromsteuer gesenkt werden soll.
Die Krim-Krise zeigt, welche Vorteile die Energiewende bringen kann — mehr Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen. Klar ist, dass die Förderung für neue Anlagen auf zwölf Cent je Kilowattstunde gedrückt werden soll. Aber da für alle angeschlossenen Anlagen 20 Jahre lang feste Vergütungen gezahlt werden müssen, kann so nur noch verhindert werden, dass die über den Strompreis zu zahlende Ökostrom-Umlage ansteigt. Sie war, auch durch viele Industrie-Rabatte, auf inzwischen 6,24 Cent je Kilowattstunde angestiegen. Gabriel hat zwar eine Politik auch für die kleinen Leute versprochen, doch er betont nun vor allem die Interessen der Industrie, die mächtigen Lobbydruck erzeugt.
Mit 5,1 Milliarden Euro belasten die Rabatte die Strompreise in diesem Jahr. Aber die Einsparung könnte hier gering ausfallen: Brüssel hat betont, dass 65 Branchen weiter Rabatte bekommen könnten.
Nun sollen zum Beispiel Supermärkte und private Solarstrom-Selbstversorger stärker belastet werden als die Industrie. Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) hält das für falsch: Mit höheren Belastungen der Industrie ließen sich bis zu 1,365 Milliarden Euro einnehmen — 550 Millionen mehr als nun geplant.