Politik Das neue Bundeskabinett trifft sich in Meseberg zur Klausur - konkrete Ergebnisse gibt es allerdings

Zwar gehen Angela Merkel und ihr Vize Olaf Scholz (SPD) demonstrativ gemeinsam zur Pressekonferenz. Scholz sagt auch: „Teambuilding gelungen, der Rest kommt jetzt.“ Doch sowohl er als auch Merkel achten penibel darauf, dass nicht der Eindruck von allzu viel Nähe entsteht.

Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Meseberg. Am Morgen kommt dann doch noch die Sonne kurz hervor und lässt das schicke Barockschloss nördlich von Berlin in vollem Glanz erstrahlen. In Meseberg ist es mal heiter, mal wolkig an diesen zwei Tagen, an denen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre 15 Minister und einige weitere Spitzenkräfte ins Gästehaus der Regierung geladen hat. Das passt zur Stimmung unter den Koalitionspartnern. Denn nach der Kabinettsklausur ist unüberhörbar, dass echte Frühlingsgefühle zwischen Schwarzen und Roten wohl nicht aufgekommen sind.

Zwar gehen Angela Merkel und ihr Vize Olaf Scholz (SPD) demonstrativ gemeinsam vom Schloss zur Pressekonferenz in einem Gebäude gegenüber. Scholz sagt auch - freilich erst auf Nachfrage: „Teambuilding gelungen, der Rest kommt jetzt.“ Doch sowohl er als auch Merkel achten penibel darauf, dass nicht der Eindruck von allzu viel Nähe entsteht. Die Fröhlichkeit von früheren Klausuren in Meseberg fehlt diesmal vollends. Anders als zum Beispiel 2014, als der damalige SPD-Chef Sigmar Gabriel vom „Himbeergeist“ in der Nacht schwärmte. „Ich kann nur von Rotwein zur späten Stunde berichten“, sagt die Kanzlerin emotionslos.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (l, CDU) und Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister, verlassen nach der Klausurtagung des neuen Bundeskabinetts im Gästehaus der Bundesregierung im Schloss Meseberg bei Gransee eine Pressekonferenz.

Foto: Bernd von Jutrczenka

Entsprechend nichtssagend fallen dann auch ihre Urteile über die Klausur aus: „Die Atmosphäre war, dass alle entschlossen sind, sich den Aufgaben aus dem Koalitionsvertrag zu stellen.“ Ein typischer Merkel-Satz. Alle Kabinettsmitglieder seien „sehr willig und freudig“. Der einzige Hinweis, der bei gutem Willen als Appell der Kanzlerin verstanden werden kann, sich künftig disziplinierter zu verhalten, ist der, dass das Arbeitspensum erheblich sei, „da bleibt nicht viel Zeit für anderes“. Die Unruhestifter, Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dürfen sich wohl angesprochen fühlen.

Die zentrale Botschaft des Treffens ist daher nur: Die neue GroKo ist jetzt arbeitsfähig. Entsprechend mau sind allerdings die inhaltlichen Ergebnisse. Ziel sei ohnehin keine „detaillierte Vorhabenplanung“ gewesen, betont Merkel, dafür gebe es ja den Koalitionsvertrag. „Da hat jeder sein Päckchen zu tragen.“ Zwar wird über die Haushalte 2018 und 2019 geredet und die Sicherung der schwarzen Null, auch über den Weg zu Vollbeschäftigung sowie ein bisschen über die Dieselkrise, doch Konkretes oder gar Neues bringt die Klausur nicht hervor. Auch stellt nicht wie bei früheren Treffen jeder Minister seine wichtigsten Vorhaben vor. Dafür fehlt die Zeit. Lieber hat man sich externe Gäste eingeladen wie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, DGB-Chef Reiner Hoffmann oder Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Sie alle halten „Impulsreferate“. Es passt irgendwie, dass während der Klausur kein Minister twittert, kein Sprecher oder Mitarbeiter vor den Schlosstoren versucht, den Journalisten den einen oder anderen inhaltlichen Dreh mit auf den Weg zu geben.

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Zumindest erfährt man, dass bei der Kabinettssitzung am Mittwochmorgen die Stimmung im Gartensaal des Schlosses „deutlich entspannter“ gewesen sei als sonst im Kanzleramt. Ein Minister verrät: „Es ging halt nur um Atmosphärisches.“ Warum, liegt auf der Hand: Die Ressortchefs laufen sich zwar immer mal wieder bei Terminen über den Weg, und sie haben schon mehrere Kabinettssitzungen hinter sich. Doch die dauern meist kaum länger als eine halbe Stunde. Und so kennt man sich eigentlich kaum oder gar nicht, was vor allem für die Neuen gilt, etwa Familienministerin Franziska Giffey, Umweltministerin Svenja Schulze oder Bildungsministerin Anja Karliczek. Meseberg hat zumindest das geändert.

Das Kennenlernen ist das eine, Zusammengehörigkeitsgefühl das andere. Schließlich waren die ersten vier Wochen der Zusammenarbeit durch Konflikte und Streitereien geprägt, ob Islam, Familiennachzug oder Hartz IV. Die Debatten haben den Start der GroKo erheblich erschwert. Hier soll zusammenkommen, was nur noch so lange wie nötig zusammenbleiben will: Die dritte große Koalition unter Merkels Führung. Beide Seiten müssen deswegen auf die eigene Profilierung achten. Bei Merkel und Scholz hört man das während ihrer Pressekonferenz deutlich zwischen den Zeilen, auch wenn sie nicht auf die Konflikte eingehen. Als der Vizekanzler gefragt wird, ob die Kanzlerin dass von SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles geforderte Machtwort gesprochen habe, um ihre Unions-Minister zur Räson zu bringen, lächelt Merkel milde. Scholz antwortet trocken: „Allen Regierungsmitgliedern war klar, dass sie an ihren Taten gemessen werden.“ Nach einem neuen Meseberger-Frieden klingt das nicht.