Das Personal-Karussell dreht sich
Die Kanzlerin muss einen neuen Verteidigungsminister suchen. Erstes Zugriffsrecht hat die Schwesterpartei CSU.
Berlin. Der Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist für Angela Merkel ein schwerer Schlag. Noch Montag hatte sich die Kanzlerin schützend vor den Verteidigungsminister gestellt. Am Dienstag wurde sie von seinem Anruf überrascht.
Am Abend ließ Merkel ihrem Unmut bei einer Wahlkampfveranstaltung freien Lauf. „Soviel Scheinheiligkeit und Verlogenheit war selten in Deutschland“, sagte Merkel in Karlsruhe. Der Opposition gehe es nicht um den Erhalt der wissenschaftlichen Werte, sondern um die Schwächung der Union. „Wir müssen uns von niemandem erklären lassen, was Anstand und Ehre sind.“
Noch vor Wochen galt der einstige Hoffnungsträger als potenzieller Nachfolger Merkels. Sein — zumindest vorläufiges — politisches Aus bringt nun auch die Kanzlerin in Not. Eine Kabinettsumbildung wird fällig, ausgerechnet kurz vor entscheidenden Landtagswahlen wie in Baden-Württemberg.
Mitten in einer der größten Bundeswehrreformen den Minister auszuwechseln, ist auch ein Risiko. Merkel muss einen neuen Oberkommandierenden der Streitkräfte suchen, der die heiklen Aufgaben meistern kann. Welche Folgen das lange Festhalten an Guttenberg für Merkels eigene Machtposition in den kommenden Monaten hat, ist noch nicht absehbar.
Wer wird der Neue? Am Dienstag waren mehrere Namen im Gespräch: etwa Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Doch der winkte bereits mit Blick auf seine Familie ab. Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, sprach von Spekulationen über seine Person.
Im Gespräch waren auch die Staatssekretäre im Finanz- beziehungsweise Verteidigungsministerium, Hartmut Koschyk und Christian Schmidt (beide CSU). Spekuliert wurde zudem über einen Wechsel von Innenminister Thomas de Maizière oder Unionsfraktionschef Volker Kauder (beide CDU) ins Verteidigungsministerium. Allerdings hat die CSU den ersten Zugriff, wenn sie das Ressort noch will. Dafür sieht Merkel gute Gründe.
Friedrich ließ allerdings offen, ob die CSU das Verteidigungsressort überhaupt noch weiter beansprucht.
Ein großer Kabinettsumbau wurde in Koalitionskreisen für sehr unwahrscheinlich gehalten. Wenig Chancen wurden auch dem Gerücht eingeräumt, dass der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, Nachfolger werden könnte. Er hatte Reformvorschläge für das Verteidigungsministerium vorgelegt.
Freitag soll sich die Personalie entscheiden. Dann tagt die CSU-Spitze. Bis dahin werden Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle wohl noch öfter telefonieren.