Die EU will eigene Steuern erheben
Die Kommission argumentiert, dass die Mitgliedsstaaten weniger Geld nach Brüssel überweisen müssten. Doch Berlin winkt ab.
Brüssel. Die EU will eigene Steuern erheben und so in ihrer Finanzplanung unabhängiger von den Mitgliedsstaaten werden. Ein Sprecher der EU-Kommission bestätigte am Montag einen Bericht der "Financial Times Deutschland", wonach EU-Haushaltskommissar Janusz Lewandowski derartige Abgaben gefordert hatte.
Die Bundesregierung lehnt die Pläne jedoch entschieden ab, der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim hält sie für unzulässig.
Konkret hatte Lewandowski indirekte Steuern vorgeschlagen, etwa eine Abgabe auf den Luftverkehr oder auf Finanztransaktionen. Auch die Erträge aus dem Handel mit CO2-Emissionsrechten könnten nach Brüssel fließen.
Im Gegenzug dürften die Beiträge der Mitgliedsstaaten sinken, daher hofft der EU-Kommissar auch auf deren Zustimmung.
Doch gerade aus Deutschland, das mit rund 23 Milliarden Euro jährlich ein Fünftel des EU-Budgets bestreitet, kommt Gegenwind.
"Wir erachten so eine EU-Steuer weder für notwendig noch für sinnvoll", sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums gestern. Die EU verfüge bereits jetzt über ausreichende Eigenmittel, die sich aus Zöllen, Anteilen an der Mehrwertsteuer und den Überweisungen der Mitgliedsstaaten speisen.
Die Ablehnung einer EU-Steuer ist auch im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Regierung festgeschrieben. Und schließlich hat die deutsche Regierung die vorgeschlagenen Abgaben bereits selbst eingeplant.
Hans Herbert von Arnim von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer hält die aktuellen Vorschläge verfassungsrechtlich für "hochproblematisch".
Die Budgethoheit müsse beim Bundestag liegen, ansonsten könnten die Abgeordneten nicht mehr dem Volk gegenüber verantwortlich über die Summe der Belastungen der Bürger entscheiden, wie es im sogenannten Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Juni 2009 heißt.
Noch schwerer wiegen für von Arnim aber demokratische Bedenken: "Das wichtigste Gegengewicht gegen ein Zuviel an Steuern bildet die öffentliche Kontrolle." Und die existiere auf europäischer Ebene bisher nur ansatzweise.
"Wenn die EU die Kompetenz bekommt, Steuern zu erheben, wäre das der Sündenfall", so der Verfassungsrechtler.
Lewandowskis Vorstoß ist Teil einer geplanten Neuausrichtung der langfristigen EU-Finanzplanung, an der bereits seit vier Jahren gefeilt wird.
Ende September will der EU-Haushaltskommissar seine Pläne auf den Tisch legen. Für einen Zeitraum zwischen 15 und 25 Jahren könnten die neuen Richtlinien Bestand haben.