„Stuttgart21“ – Ringen um Milliarden-Projekt

Analyse: Er wurde als „Jahrhundert-Bau“ angekündigt – doch in Schwaben wächst der Widerstand gegen den geplanten Bahnhof unter der Stadt.

Stuttgart. Kaum ein Großprojekt war in Stuttgart je so umstritten wie "Stuttgart 21". Am Wochenende demonstrierten mehr als 12000 Menschen gegen das Projekt. Es war nach Angaben der Veranstalter die 40. Demo - und die nächsten Protestaktionen sind schon in Planung.

Als "Stuttgart21" wird ein großes Bahnprojekt bezeichnet, in dessen Zentrum ein neuer, unterirdischer Bahnhof für die Landeshauptstadt Baden-Württembergs steht. Der Vorteil: Der neue Bahnhof wäre ein Durchgangs- und kein Kopfbahnhof wie der bisherige. Befürworter argumentieren, dass der alte Bahnhof vor allem für Fernzüge Zeit kostet und Stuttgart auf Dauer vom europäischen Hochgeschwindigkeitsnetz abgekoppelt werden könnte. Zudem werde das Großprojekt über Jahre Tausende neue Arbeitsstellen schaffen. Die prognostizierten Kosten für das gigantische Projekt sind mittlerweile allerdings von 2,6 auf mindestens 4,1 Milliarden Euro gestiegen.

Sie wollen eine Modernisierung des alten Kopfbahnhofs, der für den neuen zum Teil abgerissen werden soll. Ihre Argumente: Eine Modernisierung würde nur einen Bruchteil von "Stuttgart21" kosten, da nicht nur der neue Bahnhof, sondern auch aufwändige Tunnelbauten wegfallen würden. Zudem sei der alte, von Paul Bonatz entworfene Bahnhof an sich erhaltenswert. Außerdem soll für "Stuttgart21" ein großer Teil des innerstädtischen Parks gerodet werden. Auch das wollen die Gegner verhindern.

Die letzten Vorbereitungen für den Bau haben begonnen. Das Vorhaben wird seit rund 15 Jahren geplant, es hat vom Stadtrat, vom Landtag und wegen seiner überregionalen Bedeutung sogar vom Bundestag grünes Licht bekommen. 2007 sammelten die Gegner des Projekts 60000 Stimmen für einen Bürgerentscheid - dreimal so viel wie nötig. CDU, FDP und SPD lehnten im Stadtrat aber einen Bürgerentscheid aus formalen Gründen ab. Aus Sicht der Protest-Gemeinde ein Zeichen für mangelndes Demokratieverständnis.

Nach den bisherigen Planungen will die Bahn noch in diesem Monat mit dem Abriss von Seitenflügeln des alten Bahnhofs beginnen. Für die Gegner ein Skandal, da noch eine Berufungsverhandlung im Urheberrechtsstreit über den alten Bahnhof zwischen einem Bonatz-Erben und der Bahn aussteht.