Die Medienzukunft und die Meinungsvielfalt

Die ARD will ihre Tagesschau via App, einem Zusatzprogramm, aufs Handy schicken. Ein Vorhaben mit medienpolitischem Zündstoff.

Düsseldorf. Auf den ersten Blick erscheint es nur wie ein kleiner Schritt der ARD, der bei den Zeitschriften- und Zeitungsverlegerverbänden auf so heftigen Widerspruch stößt. Von "Grenzüberschreitungen, die die Verlage ihrer Zukunftschancen berauben", spricht etwa Wolfgang Fürstner, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger.

Stein des Anstoßes: Die ARD will ihre Tagesschau als kostenloses App auf das Apple-iPhone schicken. Der Gedanke: Handynutzer könnten die Sendung komfortabel anschauen, wann und wo sie möchten.

ARD-Aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke kann darin nichts Verbotenes sehen, sollen doch nur bereits vorhandene Inhalte von Nachrichtensendungen auf anderem Wege verbreitet werden. Beim Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger sieht man hingegen die Gefahr, dass damit "der gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Sender ein neues Geschäftsfeld der privatwirtschaftlich organisierten Presse bereits im Ansatz zerstört".

In Zeiten sinkender Auflagen und Anzeigenerlöse sehen die Verlage in diesen neuen Verbreitungswegen Zukunftschancen. Anders als beim Internetnutzer, der weitgehend an Gratisangebote gewöhnt ist, setzt man darauf, dass der Handynutzer bereit ist, für die bequeme Informationsversorgung Geld auszugeben.

Schließlich kennt er das ja vom ursprünglichen Anwendungsbereich des Gerätes, dem Telefonieren. Noch komfortabler dürfte die Anwendung künftig auf Geräten wie dem neuen Apple-Tablet-Computer iPad werden.

Genau in der Phase, in der die Verlage versuchen, entsprechende Abo-Systeme zu etablieren, will nun die ARD dieselbe Zielgruppe technikbegeisterter Nutzer ansprechen. Gratis. In Wahrheit freilich alles andere als kostenlos. Denn das Angebot, das da eingestellt werden soll, ist zuvor ja über Gebühren aller Rundfunkteilnehmer finanziert worden. Eine Geldquelle, die privaten Anbietern versperrt ist.

Eine für die Nutzer scheinbar kostenlose, in Wahrheit gebührenfinanzierte Konkurrenz birgt die Gefahr, anderen Anbietern von vornherein das Wasser abzugraben. Private Verlage - und damit letztlich auch die Meinungsvielfalt - können indes nur überleben, wenn sie die realistische Möglichkeit haben, sich ihre Dienstleistungen vom Nutzer bezahlen zu lassen.