Einbürgerungstest in der Kritik
Die Türkische Gemeinde lehnt das Multiple-Choice-Verfahren ab. SPD-Innenpolitiker Wiefelspütz verteidigt die Pläne.
Berlin. Das Bundesinnenministerium hat im Internet den Fragenkatalog für den ab September vorgesehenen Einbürgerungstest veröffentlicht. Aus den 310 insgesamt zugelassenen Prüfungsfragen zur Demokratie und deutschen Gesellschaft und Geschichte sowie Spezifika des jeweiligen Bundeslandes sind dann 33 durch Ankreuzen im Multiple-Choice-Verfahren zu beantworten. Zum Einbürgerungstest geht es hier.
Zugleich leitete das Ressort den Entwurf für die erforderliche Rechtsverordnung dem Bundestagsfraktionen zur Kenntnis zu. Diese bedarf weder der Zustimmung des Parlaments noch der des Bundesrats. Die Verordnung soll zudem dem Kabinett zur Kenntnisnahme vorgelegt und Anfang August im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden - damit ist sie dann gültig.
Die Test-Teilnehmer werden beispielsweise in Aufgabe Nummer 169 nach dem Gründungsjahr der Bundesrepublik gefragt, wobei im Multiple-Choice-Verfahren die Lösungen 1939, 1945, 1949 und 1951 angeboten werden.
Während hier die richtige Antwort 1949 noch naheliegen mag, wird es in Aufgabe 174 für historisch weniger Vorgebildete aus den alten Bundesländern schon schwieriger: Gefragt wird hier nach dem Gründungsdatum der längst untergegangenen DDR, wobei 1947, 1949, 1953 und 1956 zur Auswahl stehen. Richtige Lösung auch hier: 1949.
Auch Aufgabe 49 zählt zu den eher schwierigen: Zur Frage "Wer bestimmt in Deutschland die Schulpolitik?" werden folgende Antworten angeboten: "die Lehrer und Lehrerinnen", "die Bundesländer", "das Familienministerium" und "die Universitäten". Um das Kreuz bei den Bundesländern richtig zu setzen, muss der Proband schon tiefere Einblicke in das Wesen des deutschen Föderalismus besitzen.
Bei anderen Fragen aus dem Gesamtkatalog drängt sich dagegen die richtige Lösung schon durch die Formulierung der möglichen Antworten auf. So werden in Aufgabe 56 auf die Frage "Was bedeutet 'Rechtsstaat' in Deutschland?" als Anworten angeboten: "Der Staat hat Recht", "Es gibt nur rechte Parteien", "Die Bürger und Bürgerinnen entscheiden über Gesetze" schließlich die korrekte Lösung "Der Staat muss die Gesetze einhalten".
Die Fragen nach führenden deutschen Politikern scheinen ebenfalls leicht lösbar: So stehen bei der Frage nach dem Namen des Kanzlers/der Kanzlerin neben Amtsinhaberin Angela Merkel (CDU) deren Vorgänger Gerhard Schröder (SPD), NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zur Auswahl.
Um die Frage nach den ersten Worten der deutsche Nationalhymne in Aufgabe 40 richtig zu beantworten, muss der Test-Teilnehmer wissen, dass "Freude schöner Götterfunken" ebenso falsch ist wie "Deutschland einig Vaterland" und "Völker höret die Signale". Bleibt noch "Einigkeit und Recht und Freiheit".
Auch Fragen nach deutschen Volksbräuchen finden sich im dem Gesamtkatalog. So soll der Einbürgerungswillige zum Beispiel in Aufgabe 264 die Frage beantworten, zu welchem Fest die Menschen in Deutschland bunte Kostüme und Masken tragen - "an Rosenmontag", "am Maifeiertag" "beim Oktoberfest" oder "an Pfingsten".
Leicht abgewandelt findet sich diese Frage im Aufgabe 271 wieder, in der nach einem deutschen Weihnachtsbrauch gefragt wird - mit den Lösungsmöglichkeiten "Eier verstecken", "einen Tannenbaum schmücken", "sich mit Masken und Kostümen verkleiden" oder "Kürbisse vor die Tür stellen".
Der neue Fragenkatalog hat gemischte Reaktionen hervorgerufen. Die Türkische Gemeinde in Deutschland lehnte den Test ab und kündigte an, an Info-Ständen etwa in Berlin die Fragen auch Deutschen vorzulegen. "Mal sehen, wie das dann läuft", sagte der Vorsitzende Kenan Kolat dem "Kölner Stadt- Anzeiger". Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz wertete den Test, der per Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Parlaments eingeführt wird, indes als "völlig unbedenklich".
Kolat betonte, besser als solche Tests seien Einbürgerungskurse. Es werde im Übrigen nicht nur Wissen abgefragt, sondern "teilweise auch Einstellungen", kritisierte er. Wiefelspütz sagte der "Mitteldeutschen Zeitung": "Der Einbürgerungstest wird keine Einbürgerungsverhinderungsveranstaltung sein." Wer keine Antworten auf die Fragen kenne, werde die Antworten lernen können. Die Aufregung über den Test sei überzogen gewesen.
Aus den Prüfungsfragen zu Demokratie, deutscher Gesellschaft und Geschichte sowie Besonderheiten des jeweiligen Bundeslandes sind dann 33 durch Ankreuzen im Multiple-Choice-Verfahren zu beantworten. Wer auf dem Prüfungsfragebogen 17 der 33 Fragen richtig ankreuzt, hat den Test bestanden. Die entsprechende Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung von Bundestag oder Bundesrat. Sie soll im August im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden.