Eine unbequeme Wahrheit für Rentner

Die Wirtschaftskrise trifft auch Ruheständler. Es werden bereits zwei Nullrunden erwartet.

Düsseldorf. "Eine unbequeme Wahrheit" heißt der preisgekrönte Dokumentarfilm von Al Gore. Doch nicht nur beim Thema Klimaerwärmung gibt es unbequeme Wahrheiten.

Auch die 20 Millionen Rentner sehen sich derzeit damit konfrontiert: Nachdem ihnen schon Ende Oktober eine Nullrunde für 2010 prophezeit wurde, heißt es nun von Expertenseite, die Rentner müssten sogar mit zwei Nullrunden rechnen.

Nullrunden bedeuten angesichts von Preissteigerungen ein reales Minus. Das ist tatsächlich unbequem. Eine Überraschung ist es angesichts der Wirtschaftskrise jedoch nicht. Wäre nicht im Sommer eine Schutzklausel, die Rentengarantie, eingeführt worden, so träfe es die Bezieher von Alterseinkommen noch härter.

Die von der Großen Koalition verabschiedete Regel verhindert eine Kürzung der Renten selbst bei verminderten Einkommen der Arbeitnehmer. Und das Lohnniveau sinkt, weil im Zuge der Wirtschaftskrise die Kurzarbeit stark ausgeweitet wurde. Für 2009 wird mit einem Lohn-Minus von 0,5 Prozent gerechnet.

Vor der vom damaligen Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) initiierten Rentengarantie galt noch: Die Renten steigen mit steigendem Lohnniveau. Doch es galt auch die umgekehrte Regel. Bei sinkenden Einkommen vermindern sich die Altersbezüge.

So lange die Einkommen jedes Jahr wuchsen, störte das niemanden. Als sich aber wegen der Wirtschaftskrise abzeichnete, dass sich der Wind dreht, wurden die Rentner in Wahlkampfzeiten mit der Schutzklausel beschwichtigt: Ein Absinken der Altersbezüge wurde generell ausgeschlossen- auch bei sinkenden Arbeitnehmer-Einkommen. Schlimmstenfalls kommt es zur Nullrunde.

Allerdings: Die Rentner müssen das so abgewendete Minus in den Folgejahren ausgleichen. Ab 2011 müssten, wenn die Einkommen wieder steigen sollten, dann fällige Rentensteigerungen halbiert werden. So lange, bis die Kosten für die zuvor unterbliebene Minderung ausgeglichen sind.

Dass die Politik dies der starken Wählergruppe der Rentner tatsächlich zumuten wird, ist zweifelhaft. Am Ende werden wohl Beitrags- und Steuerzahler die Rentengarantie finanzieren.

Wohl auch wegen dieser Perspektive hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag die Rücknahme der Rentengarantie gefordert. Angesichts der auf Jahre absehbaren Belastungen der Rentenkasse betonte dessen Präsident Hans Heinrich Driftmann, es sei nicht hinnehmbar, dass Erwerbstätige und Unternehmen als Beitragszahler diese finanzielle Last der Wirtschaftskrise alleine zu tragen hätten.

Es müsse einen fairen Ausgleich zwischen Alt und Jung geben. Im Klartext: Die Rentner müssten die Folgen der Krise genauso mitfinanzieren wie die Arbeitnehmer. Nicht nur durch Nullrunden, sondern auch durch sinkende Renten.